Gehörnter Held

Diese Geschichte stammt von Lord Lothar und wurde von ihm seit 10.11.2001 im Forum von www.warhammer.de nach und nach veröffentlicht. Sie ist noch nicht beendet und es werden hoffentlich noch viele Ergänzungen folgen.

Wer nicht jetzt alles Lesen will, kann sich den gesamten Text als txt-File im Downloadbereich ziehen.

Da in dem Text noch ein Götter vorkommen, diese sich aber nur durch die Farbe differnzieren hier die Erklärung: Tzeentch Khorn Slaanesh Nurgle

  Gehörnter Held - Der karrierebewusste Minolord.
Es war kalt. Schnee lag auf den wenigen Ästen der Bäume, die sicher schon bessere Tage gesehen hatten. Vorkai war nicht gerade begeistert von seiner Mission. Echsenritter - mißbraucht als KUNDSCHAFTER! Was bildete sich dieser Hochgeborene eigentlich ein? Er sollte doch... nun lenkte er den trägen und widerspenstigen Reptiltrupp zwischen den Bäumen hindurch. Schwarze Reiter hätten das hier sicher besser erledigen können, aber nein - er war sich sicher, daß Bogar ihn nicht mochte und ihn deshalb geschickt hatte.
Was sollten sie hier eigentlich finden? Es war eine trostlose Landschaft, im kislevitischen Gebiet, nordöstlich des Imperiums... so weit östlich war er noch nie vorher gewesen, und nun? Nun war hier Winter, die Echsen waren alles andere als flink aufgrund der Temperaturen und... was war DAS?
Schon von weitem sah er das Gebilde, das auf der Lichtung emporragte... ein gewaltiger Felsblock, eine Art Menhir, allerdings... über und über dekoriert mit seltsamen widerlichen Trophäen... wer immer das getan hatte war auch nicht weniger blutrünstig als die Hexenkriegerinnen... ein grunzendes Geräusch ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken. Am Waldrand war ein Minotaurus aufgetaucht.
Nicht, daß er nicht schon einmal einen Minotaurus gesehen hatte. Nein, diese Wesen waren Vorkai durchaus bekannt - aber auch bekannt als gefährlich. Er befahl seinem Trupp, die Kreatur sofort anzugreifen. Die Echsenritter trieben ihre kältelahmen Tiere an... Vorkai schauderte einen Augenblick. Er hätte schwören können, der Minotaurus habe gegrinst...

Noch 10 Schritt, die Echsen kamen lähmend langsam in Fahrt.
Vorkai war sich sicher, daß der Minotaurus grinste.
Noch fünf Schritt... die Echsen fauchten...
Der Minotaurus brüllte, dann sprang er auf die Echsen zu!
Vorkai war perplex.
Im nächsten Moment machte es zweimal "Knack", als die Füße des Minotaurus auf zwei Echsenschädeln aufsetzten. Danach wurde es dunkel, zumindest für Vorkai, da der Minotaurus mit einem Rückhandschlag ihn und zwei seiner Echsenritter aus dem Sattel fegte.
Die beiden äußeren Reiter sahen sich vollkommen entsetzt an... und einer ganz besonders, weil der Minotaurus nun auf ihn zusprang - und ihn mitsamt seiner Kampfechse umschmiß. Der Einschlag von ungefähr 300 Kilo Muskelmasse waren sowohl für die Rüstung des Echsenritters wie auch für das Skelett der Kampfechse zuviel, beides brach schlicht und einfach unter dem Gewicht des Minotaurus durch.
Der verbliebene Echsenritter versuchte sein Reittier in eine sinnvollere Position zu lenken, was ihm zwar gelang - aber nicht schnell genug. Der Minotaurus war wieder aufgestanden, brüllte und visierte den verbliebenen Reiter an. Der versuchte seinerseits, seine Echse zum Angriff zu bewegen, aber das Vieh stierte nur blöd den Minotaurus an - der per Schulterblock die Echse mitsamt Reiter über den Haufen rannte.

Bul-Taar grinste. Wenn Minotauren grinsen können, heißt das. Er hob den letzten gepanzerten Dunkelelfen hoch - seine Pranke drückte den Brustpanzer zusammen. Mit der anderen ohrfeigte er ihn solange, bis der Kopf samt Helm wegflog. Das metallische Geräusch, das dadurch verursacht wurde, schien dem Minotaurus zu gefallen.
Zufrieden mit dem "Neuerwerb" schleppte Bul-Taar die Kadaver zu dem gigantischen Herdenstein...

Ein seltsames geschupptes Vieh... wo im Namen der Tzarina kam denn das her? Yuri schaute recht verdutzt. Noch dazu - das Vieh wirkte ziemlich dämlich, es sah zwar schon gefährlich aus, aber es stapfte recht ziellos durch den Wald... Der Sibiryak wartete erst einmal ab. Er hatte den Befehl die gegend auszukundschaften, nicht irgendwelche Schuppentiere zu jagen. Ein seltsames Gebilde war vor der Küste gesehen worden, und die Tzarina war nun einmal eine vorsichtige Frau... Yuri hatte einmal gehört, daß Dunkelelfen irgendwelche reitechsen hätten. Allerdings hatte er bisher weder einen Dunkelelfen noch so eine Reitechse jemals gesehen. Noch dazu - wenn dieses Vieh einem Dunkelelfen gehören sollte, dann war dieser offensichtlich abhanden gekommen - das Tier hatte eine Arts Sattel, nur saß eben niemand mehr darauf. Ob es seinen Reiter abgeworfen hatte?
Ein plötzlich einsetzendes Trommeln riß ihn aus diesen Gedanken... Es war nicht allzu nah, aber es war laut... und in dieser Richtung befand sich nach seiner Kenntnis nur Wald... wer oder was trommelte da also? Er beschloß, der Sache einmal nachzugehen.

Der Sibiryak hielt inne. Da vorne war ein sehr breiter Trampelpfad, fast eine Schneise im Wald... was immer dort entlang gegangen sein mochte, es mußte groß gewesen sein...
Das Trommeln wurde noch lauter. Immer noch dumpf, aber laut, und sehr tief. Zudem war Wind aufgekommen - und dennoch war dieses intensive Trommeln zu hören.
Yuri war jetzt schon ein ganzes Stück von seiner normalen Kundschafterroute abgebogen - hier überschnitt sich sein Gebiet schon mit dem von Natalya, und normalerweise müßte sie das Trommeln auch hören, also konnte er damit rechnen ihr früher oder später zu begegnen... Da! das waren Schritte... Schwere Schritte, sehr schwere Schritte, und sie kamen näher... er sah in einiger Entfernung große Gestalten... weit größer als Menschen... Oger? Nein... das waren... Minotauren! Wie konnte das sein?
Plötzlich knackte etwas auf der anderen Seite der Schneise, und plötzlich konnte Yuri sehen, wie schnell diese riesigen Kreaturen sein konnten - sie stürmten in den Wald, und ein Schrei ertönte. Natalya! Der Schrei verstummte, und das triumphgebrüll eines Minotaurus bestätigte Yuris Befürchtung. Er biß sich auf die Zunge um nicht loszuschreien. Statt dessen verfolgte er die Minotauren in gebührendem Abstand. Ja, es war tatsächlich Natalya, die da nun ziemlich leblos über der Schulter eines der Minotauren lag... sie näherten sich immer mehr der Quelle dieses Trommelns...

Schon von weitem nahm Yuri etwas wahr, was er hier im Wald noch nie gesehen hatte - war es neu, oder hatte er es vorher üerseen? Nein, dafür war es doch einfach zu groß, es schien eine Art Monolith zu sein - genaueres konnte er in der Dunkelheit nicht erkennen.
Da - etwas knackte neben ihm im Wald... Das waren... Tiermenschen, und nicht einmal wenige. Zum Glück schienen sie ihn nicht bemerkt zu haben, aber er hielt sich jetzt noch bewußer im Hintergrund, als er es ohnehin schon getan hatte.
Die Gruppe Minotauren, die er zuerst entdeckt hatte, hatte nun die lichtung mit dem gewaltigen Stein erreicht, um den herum sich ein seltsames Sammelsurium fand - da waren die Kadaver von vier ähnlichen Schuppentieren wie dem, das er vorhin schon gesehen hatte, und ...Dunkelelfen, oder vielmehr deren Rüstungen und Knochen. Sie wirkten fein säuberlich abgenagt, einige der Knochen zerbrochen oder vielmehr zerbissen, und ihre Rüstungsteile in einer Art groteskem Kunstwerk umden gigantischen Stein drapiert... es musste sich also um einen dieser ominösen Herdensteine handeln, von denen er einige alte Sibiryaken erzählen gehört hatte... er hatte es früher für Kaminfeuergeschichten gehalten, aber nun stand er selbst nicht unweit eines solchen Steines...
Auch die Quelle des dröhnenden Trommelns, das nun schneler wurde, konnte er nun ausmachen - ein Minotaurus drosch mit etwas, was wie ein an einem Stock oder Knochen befestigter Schädel aussah, auf eine übergroße Trommel ein... Und dann traute er seinen Augen nicht.
Zwischen diesem Trommler und dem Stein trat ein Minotaurus hervor, der die übrigen um mindestens einen Kopf überragte. Die Minotauren, die Yuri verfolgt hatte, traten auf diesen zu, und einer überreichte Natalyas leblosen Körper diesem Koloß. Währenddessen begann ein Raunen in den Reihen von Tiermenschen und Minotauren, die sich hier zu immer größerer Zahl zu versammeln schienen... Yuri versuchte sich noch kleiner zu machen.
"Buuuuuuuuuuuuuulllllllll-Taaaaaaaaaaaaaaaaaaaaarrrrrrrrr, Buuuuuuuuuuuuuulllllllll-Taaaaaaaaaaaaaaaaaaaaarrrrrrrrr, Buuuuuuuuuuuuuulllllllll-Taaaaaaaaaaaaaaaaaaaaarrrrrrrrr..."
Der gigantische Minotaurus hob Natalyas Körper hoch.
Yuri hoffte in diesem Moment, daß sie doch schon tot und nicht nur bewußtlos war.
Er riß ihr die Lederrüstung vom Leib, so einfach, als wenn man einen Hasen häuten würde, dann hob er sie hoch und verschlang sie mit einem Biß zur Hälfte.
Ein gequälter Schrei von Natalya zerstörte die Hoffnung, die Yuri soeben noch gehabt hatte.
Der Minotaurus schlang auch noch den rest herunter, Blut troff aus seinen Kiefern, und die Menge johlte.
"BUL-TAAR! BUL-TAAR!"
Neben Yuri knurrte plötzlich etwas...

Yuri hatte den Hund zu spät bemerkt, der sich... "Hund"? Dieses vieh hatte Schuppen im Pelz, und sein Schwanz war der eines gigantischen Skorpiones, nicht eines Hundes!
So schnell er konnte lief Yuri davon. Der Chaoshund gab so etwas wie Gebell von sich, und die Tiermenschen horchten auf. Einige liefen in die Richtung, aus der das Gebell gekommen war, aber hielten Inne, als sich der große Minotaurus erhob. Seine Stimme donnerte über die Lichtung, und prägte sich in Yuris Gedächtnis ein:
"Po Tchar, po Crom, VARGUR CAZ!!!"
Eine wahre Meute dieser "Hunde" hetzte hinter Yuri her, und ihr Gebell wurde nur von dem dröhnenden Lachen des Minotaurus übertönt.
Die anderen Minotauren stimmten ein, und schließlich trauten sich auch die gewöhnlichen Tiermenschen mitzulachen.
Yuri wußte zu diesem Zeitpunkt nicht, ob er je wieder würde lachen können. Aber er hatte eine Idee... hoffentlich...
Der Tzarina sei Dank! Das blöde Echsenvieh von vorhin war immer noch dort wo er es zuerst gesehen hatte. Genügend Schwung hatte er, allein hatte er keine Ahnung ob das was er vorhatte funktionieren würde, aber dennoch machte er einen Satz und landete ganz passabel im Sattel der Echse. Er versuchte sie anzutreiben, allerdings - offensichtlich reagierte so ein Vieh entweder nicht wie ein Pferd, oder es war einfach zu blöd um zu kapieren, daß nur knapp hinter ihm bald einige gefährliche Verfolger kommen würden.
Da tat die Echse etwas unerwartetes...

Das geschuppte Monstrum machte einen Satz nach vorn, fauchte in Richtung des gebells, und im nächsten Moment sprang ein halbes Dutzend dieser Chaoskreaturen aus dem Unterholz. Yuri zitterte wie Espenlaub, aber die Echse schien das weniger zu stören - vielmehr versenkte sie ihre Kiefer in einen der "Hunde", was ein widerliches Knacken hervorrief... das mochten einmal Knochen gewesen sein.
Offenbar überrascht stoben die verbliebenen Chaoshunde auseinander, und Yuri atmete auf. Allerdings hatte er nun ein Problem - die Echse hatte offensichtlich Hunger, und begann nun damit, den Kadaver des Chaoshundes zu verspeisen, und schien von Yuris Zerren am Zaumzeug ziemlich unbeeindruckt zu sein. Und bald hörte Yuri ein nur allzu bekanntes Geräusch - das Trommeln... es kam näher... es sah so aus, als habe sich die Meute der Tiermenschen in Bewegung gesetzt, und das mehr oder minder direkt auf ihn zu! Panisch zerrte er am Zaumzeug und versuchte die Echse doch irgendwie dazu zu bewegen, sich hier fortzubewegen, aber das Schuppentier weigerte sich beharrlich. Yuri erwägte schon, doch lieber zu Fuß zu gehen, aber ein neuerliches geknurr aus dem Wald, wie auch seltsames Geflatter oberhalb der Baumwipfel belehrten ihn schnell eines besseren.
Dann knackte es sehr laut... ein Baum fiel plötzlich gar nicht weit von ihm entfernt um, ein Baum, der ungefähr so dick war wie Yuri, abgeknickt als wäre er nicht mehr als ein Zahnstocher...
Bul-Taar betrat den Kampfplatz.
In diesem Moment hate die Kampfechse einen Geistesblitz - offenbar hing die geschuppte Kreatur doch an ihrem Leben.
Yuri klammerte sich nur noch fest, als die Echse plötzlich beschleunigte. Hinter ihm hörte er die schweren Schritte des Minotaurus, die einfach nicht leiser wurden, und sein markerschütterndes Gebrüll dröhnte Yuri in den Ohren...

"Was der wohl erlebt haben muß... habt ihr seine Augen gesehen?"
"Allerdings, Fiodor, das habe ich... und eigentlich bringt es mich zu der Aufassung, daß ich, was immer er gesehen haben mag, nicht selber sehen möchte." Magister Wassili schloß den Sichtschlitz der Zelle.
"Sein Gesichtsausdruck erinnert mich an etwas, was ich einmal sah, allerdings hoffte nie wieder sehen zu müssen... einige der Versteinerten von Praag sahen ähnlich aus. Und wenn ich damit richtig liege, dann haben wir ein ernstes Problem..."
Fiodor nickte, obwohl er keine Ahnung hatte, wovon Wassili sprach. Allerdings hielt die Tzarina viel von seiner Meinung schien es, hatte sie doch extra einen Boten nach Praag zu ihm geschickt, nachdem man einen absolut irre blickenden Sibiryaken abgeliefert hatte... Ein Medicus hatte ihn schon für tollwütig erklärt, ein anderer meinte er habe "lediglich den Verstand verloren", und man hatte ihn von "völlig harmlos" bis"gemeingefährlich" eingestuft. Dann kam Magister Wassili, beobachtete, machte sich Notizen, las etwas in einem alten Buch, beobachtete wieder...
"Was denkt ihr denn was geschehen ist, daß..."
"Ihr seid wohl noch zu jung um etwas von der Heimsuchung Praags durch das Chaos gehört zu haben, nicht wahr, Fiodor? Nun, die Stadt wurde damals quasi... ausgelöscht. Und daher haben die Praager nun auch einen besonderen Haß auf das Chaos..."

Ein Echsenskelett und eine schuppige Haut hatten sich zu dem Trophäenhaufen am Herdenstein gesellt. Über der Lichtung kreisten Schwärme von Harpien, und eine seltsame Mischung aus Geraune, Gemecker und einiger Wortfetzen war zu hören.
Bul-Taar erhob sich zu voller Größe.
Mit einem Mal wurde das Stimmengewirr leise, und hörte dann ganz auf. Jede der anwesenden Kreaturen schien zu verstehen, daß der mächtige Minotaurus wohl Aufmerksamkeit wollte.
Bul-Taar redete nicht. Er deutete auf einige Gruppen von Tiermenschen und Minotauren, und sie verstanden seine Gesten. Das einzige, was er ertönen ließ, war ein einzelnes, lautes Gebrüll, worauf sich die bezeichneten Trupps auf den Weg machten...

"Was schaut Ihr die ganze Zeit nach oben, Kryyll?"
Die Hexenpriesterin wandte sich dem Fragenden zu.
"Nun, es scheint mir, als wenn es immer mehr Harpien würden... nun, nicht daß ich das nicht gutheißen würde, wir haben ja noch etwas vor, aber jetzt schon? und da hinten fliegen schon wieder welche an... Varral, ist das in diesen Landen normal?"
Der Kapitän rang sich ein leichtes Schmunzeln ab.
"Man merkt, daß Ihr noch nicht über die See gefahren seid... aber..." er schaute nun auch zum Himmel "...es sind wirklich auffallend viele. Nun, ich hoffe mal, daß der Stoßtrupp bald zurückkommt, damit wir endlich losziehen können... allzu lange kann es ja nun wirklich nicht mehr dauern..."
"Das stimmt. Ich denke, wenn sie nicht in der nächsten Stunde wieder auftauchen werde ich ihr Blut dem Gott weihen..."
Ein schauerliches Geheul aus der Richtung des Waldes unterbrach sie.
"Was war DAS?"
"Ich weiß es nicht, aber gefallen tut es mir nicht, versetzt die Truppen augenblicklich in..."
"ALARM!!!" Brüllenderweise gallopierte ein Schwarzer Reiter auf das Schiff zu.
"Von Südosten... eine ganze Horde, ein HEER, sie kommen schnell neher, sie..." plötzlich spuckte er Blut, mit einer krankhaft-schwarzen Flüssigkeit vermischt, dann platzte sein Kiefer auseinander, und er fiel leblos vornüber vom Pferd.
Der gehörnte Schamane am Waldrand gab ein kicherndes Gemecker von sich, und links und rechts von ihm brachen mehrere Rudel Chaoshunde aus dem Unterholz...

"Alarm! Alarm! Überfall! Wir werden angegiffen!"
Die Rufe hallten quer durch das Lager, daß die Dunkelelfen noch nicht einmal richtig befestigt hatten.
Der Himmel war plötzlich mit einem höllischen Kreiscen erfüllt, als ganze Schwärme von Harpien herunterstießen und die Dunkelelfen, die zu den Waffen eilen wollten, schon auf dem Weg dorthin zerfleischten.
Wieder kam Bewegung in den Wald, einige Dunkle Rösser rannten wild und durcheinander einfach davon, bei einem hing noch ein halber Reiter am Steigbügel...
"Varral, verdammt, laß die Korsaren Stellung beziehen!" Kryyll war wirklich wütend - nun ja, für die Schlacht mochte das ja sogar praktisch sein. Mit einem lauten Kampfschrei sprang sie nach vorn und reihte sich in die Hexenkriegerinnen ein, die selbst ob der schauerlichen Opposition schwerterrasselnd vormarschierten.
"Bemannt die Speerschleudern! Bemannt die..." weiter kam Varral nicht. Drei Harpien hatten den Kapitän als Ziel ausersehen, und er hatte seine liebe Mühe mit ihnen. Den Speerschleudermannschaften erging es noch schlechter, die Harpien hatten wenig Schwierigkeiten mit ihnen.
"Borzagh, laß sie frei... sonst sind wir verloren!" Varral war wirklich verzweifelt, einen solchen Befehl zu geben. Aber der Bestienmeister gehorchte seinen Befehlen und öffnete das Gatter...

Ein lautes Zischen und fauchen ertönte, und dann kroch etwas Grosses aus dem Gehege...
"Croc'krk, fass!" befahl der Bestienbändiger.
Die Hydra beschleunigte in das Getümmel hinein. Panisch stoben die Harpien auseinander, und auch die Hundemeuten änderten ihre Laufrichtung rapide, weg von diesem gewaltigen Monster. Die Klauen der Hydra zerquetschten alles was ihr unterkam, egal ob Harpie, Hund, oder Dunkelelf, der nicht schnell genug zur Seite sprang. Ihre Kiefer schnappten nach Harpien, und Rauch kam aus ihren Nüstern.
Dann sah sie ein lohnendes Ziel.
Ein riesenhafter Minotaurus war aus dem Wald getreten, der seine zahlreichen Artgenossen um mehr als einen Kopf überragte. Zischend setzte sich das geschuppte Untier in Bewegung.
Bul-Taar war nicht sonderlich beeindruckt. Vielmehr bedeutete er den Minotauren sich um den Rest zu kümmern, visierte die Hydra an und lief los...
Man glaubte einen Donnerschlag zu hören, als die Faust des Minotaurus mit voller Wucht auf einen der Hydraschädel niederging. Sofort sackte der Kopf leblos zu Boden, aber die anderen schnappten nichtsdestotrotz nach dem Minotaurus. Aber dieser schien sich nicht beirren zu lassen. Er machte einen Sprung zur Seite, und seine beiden Pranken griffen nach den beiden Hälsen, die von ihm auf gesehen dort lagen...
Wenn eine Hydra überrascht schauen kann, tat diese das jetzt.
Danach bekam sie Gleichgewichtsprobleme. Der Minotaurus hatte die beiden Köpfe an den Boden gepinnt, und Biß nun einen der beiden Hälse schlicht und einfach durch. Danach spuckte er Schuppen aus. Die Hydra brüllte vor Schmerz und bäumte sich auf, der zweite Hals riß durch, das Gewicht des Minotaurus war wohl zuviel.
Die Hydra fiel auf die Seite - und zerquetschte zwei unachtsame Dunkelelfen, die noch nicht weit genug weg von diesem Kampf der Giganten waren.
Der Minotaurus blickte kurz auf die beiden "Trophäen", die er da in den Pranken hielt, ließ diese dann fallen und sprang auf die Hydra zu, die versuchte sich wieder aufzurappeln.
Der Schulterstoß des Minotaurus verhinderte dieses Vorhaben. Und seine Füße fanden die verbliebenen beiden Köpfe der Hydra offensichtlich bequem...
Bul-Taar stieß ein Triumphgebrüll aus, in daß auch die Minotaurenhorde einstimmte.
Keiner der Druchii hatte überlebt...

Kolja fröstelte. Er hatte einen Auftrag, den er nicht mochte, aber die Tzarina persönlich hatte den Befehl gegeben, und die Botschaft mußte schon verdammt wichtig sein, wenn er an jeder Station ein frisches Pferd bekommen solle... Etwas schreckliches mußte passiert sein, er hatte gehört, daß ein vollkommen geisteskranker Sibiryake von einer Erkundungsmission zurückgekommen sei, und normalerweise waren diese Kundschafter aus dem hohen Norden einiges gewohnt...
Schon drei Pferde hatte er zu Schund geritten, und nun hatte er den vierten Zossen unter sich und galloppierte durch die Tundra Kislevs... Was war denn DAS?
Vor ihm lag eine Ruine... die Ruine eines frisch befestigten Forts. Überreste von Zelten, und dazwischen... Leichen. Leichen von... Elfen?
Ja, es waren tatsächlich Elfen... aber sie waren anders gerüstet als der Abgesandte der Hochelfen, den er einmal gesehen hatte... seltsame Runen waren auf ihren zerschmetterten Schilden zu sehen... und... was war denn das dort am Himmel?
Kolja lief eine Gänsehaut über den Rücken, er wollte eigentlich gar nicht wissen, was es war, er war nur sicher daß es nicht hierhin gehörte. Er schaute sich um - er war unweit der Küste. Sollte etwa...
Er zögerte.
Der Kurfürst von Ostland wartete auf diese Nachricht.
Er durfte nicht von seinem Weg abweichen.
Er gab dem Pferd die Sporen und setzte eilig seinen Weg nach Ostland fort.

Der Empfang war einfach gewesen, aber immerhin hatten sie Kolja ein anständiges Quartier zugewiesen. Er war auch kaum daß er sich hingelegt hatte eingeschlafen gewesen. Himmel, was war das nur für ein Ritt gewesen...
Dann war er plötzlich geweckt worden. Eine ganze Menge Leute, sie hatten allesamt sehr wichtig und gebildet ausgesehen, hatten sich in seinem Gästezimmer versammelt und stellten Fragen. Fragen ob er etwas außergewöhnliches gesehen hätte...
Er hatte sich an das seltsam zugerichtete Fort erinnert, und hatte es ihnen beschrieben. Was folgte, war ein heilloses Durcheinander, die Leute diskutierten wie wild, stellten ihm noch die ein oder andere kurze Frage, aber er erinnerte sich nun kaum noch... nur noch daran, daß er kaum eine gescheite Antwort zu geben in der Lage gewesen war. Dann hatten sie ihn wieder alleingelassen und er hatte endlich weiterschlafen können.
Als er wieder erwachte, wußte Kolja nicht, wie lange er denn nun geschlafen hatte, aber kaum daß er sich gewaschen und angezogen hatte, klopfte es an der Tür.
"Ja... tretet ein..."
Ein Diener betrat das Gästezimmer.
"Der Herr läßt fragen, ob Ihr wieder bei Kräften seid."
Kolja nickte.
"Ich denke schon, aber ein Frühstück hätte ich schon gerne noch, mein Magen knurrt wie ein Sibiryakischer Höhlenbär..."
"Sehr wohl, ich werde euch zur Küche geleiten. Aber der Herr drängt zur Eile - er hat noch in der Nacht ein Antwortschreiben an die Tzarina von Kislev aufsetzen lassen."
Kolja brummelte etwas, aber da stieg ihm auch schon der Geruch von Buchweizenpfankuchen in die Nase, und so beschleunigte er seine Schritte, als ihm der Diener den Weg zur Küche wies.
Nicht einmal eine halbe Stunde später saß er wieder im Sattel - eine Botschaft im Gepäck, die sicherlich mindestens genauso wichtig war wie die auf der Hinreise...

"Ich hasse Seereisen!" Die Comtessa war nicht nur verstimmt - das war sie ja quasi immer - sie war zudem auch noch leicht seekrank, ihr Magen, von der Verpflegung ohnehin schon beleidigt, drohte zu revoltieren.
"Aber Comtessa, der Landweg dauert noch länger, und der ist außerdem viel gefährlicher, denkt nur wie weit es bis Kislev ist..."
"ihr habt gut reden! Ihr seid es doch gwohnt, auf modrigen Planken zu schlafen, daß der Boden wackelt und man dauernd einen salzigen Geschmack im Mund hat - und gegen den Durst, den das macht, gibt es nicht einmal etwas vernünftiges zu trinken! Bah!"
Pieter van Oy mußte schmunzeln. Wenn sie sich derart echauffierte wirkte Comtessa Cosima von Marienburg wirklich recht amüsant... allerdings wandte er sich schnell ab, damit sie auch ja nicht bemerkte, daß er sich auf ihre Kosten...
"Schiff Ahoi, Kaptein, Segel auf Zehn Grad Steuerbord!"
"Was? Hier oben soll...? Na, da werd ich doch..."
Van Oy setzte sein Fernrohr zusammen und richtete es nach Steuerbord. Tatsächlich! Das waren Segel, große schwarze Segel am Horizont, derartiges Tuch hatte er noch nicht gesehen. Was war das?
"Kurs beibehalten, ich will wissen was das ist!"
"Aye, Kaptein!"
Mittlerweile war auch die Comtessa an ihn herangetreten.
"Gibt es etwas wichtiges? Was ist denn dort draußen?"
"Ich denke nicht daß es so etwas wichtiges ist, Mylady, aber das Wetter wird auch etwas unangenehmer... wollt ihr nicht lieber wieder unter Deck gehen?" Van Oy hoffte, daß sie ihm seine Aufregung nicht anmerkte. Er hatte keine Ahnung, was dort vor ihnen den Weg kreuzte, aber geheuer war ihm die Sache nicht...

Langsam wurde das Schiff sichtbar... ja, es war tatsächlich EIN Schiff, ein einzelnes, aber großes Schiff, mit mehreren schwarzen Segeln, aber offensichtlich auch noch Rudern, wie er jetzt durch das Fernrohr erkennen konnte...
"Alle Mann in Kampfbereitschaft! Zivilisten unter Deck, Geschütze laden!" Van Oy bellte die Befehle, und gleich Bienen aus einem Bienenstock, den man vom Baum gestoßen hatte, stoben die Männer auseinander um sie auszuführen.
"Herr van Oy, was geht hier vor?" Die Comtessa war außer sich aufgrund des Tumultes.
"...reine Vorsichtsmaßnahme, Mylady, aber ihr solltet euch sicherheitshalber unter Deck in euer Quartier begeben..." Van Oy verdreht die Augen. Zivilisten!!!

Nun konnte er das Schiff wirklich mal etwas genauer erkennen. Es war groß, aber trotzdem eher auf Tempo denn auf Masse gebaut - so etwas hatte er bisher noch nicht gesehen, aber sehr wohl beschrieben bekommen, es mußte ein dunkelelfisches Schiff sein... und - he, da flogen irgendwelche Kreaturen um die Masten des anderen Schiffes... Van Oy erschauerte. Harpien! Also waren das sicher Dunkelelfen...
"Volle Beschildung, Schlachtsegel, und seht zu daß ihr eine Breitseite in Richtung dieses Potts bekommt, beidrehen fünfundvierzig Grad steuerbord!"
Van Oy blickte wieder durch sein Fernrohr. Nun konnte er das Schiff schon deutlich sehen, es kam wirklich rapide näher, er hatte zwar gehört daß die dunkelelfischen Schiffe schnell seien, aber SO schnell...?
"Verdammt und zugenäht nochmal, wieso geht denn das nicht schneller? wie weit seid ihr mit der Artillerie?"
"Wir laden, Kaptein..." das war sein erster Kanonier...
Viele hatte van Oy ja gar nicht zur Verfügung, das hier war ja schließlich kein Kriegsschiff... gerne hätte er jetzt eines gehabt...

"Backbordgeschütze bereit, Kaptein!"
Van Oy atmete schwer. "Geschütze" nannten sie das. Acht Kanonen hatte das Schiffchen pro Seite, und das was da auf sie zusteuerte... seltsam allerdings, daß das Schiff immer noch Frontalkurs hielt... noch dazu... es schien sogar zu beschleunigen...?
"Steuer hart Steuerbord, sieh zu daß du die Backbordseite in Schußposition bringst!"
"Aye, Kaptein!"
"Und die Steuerbordmannschaft - seht zu daß ihr mit Laden weiterkommt, oder muß ich euch erst Beine machen?"
Ein dumpfes Dröhnen drang an van Oys Ohren. Sollten seine Kanoniere etwa...? nein, da war es wieder, und Kanonen donnerten doch lauter... da war es wieder... und es wurde intensiver und schneller... es klang, als würde jemand eine Art gigantischer Trommel schlagen... er blickte in Richtung auf das feindliche Schiff, und erkannte nun, daß es volle Ruder ausgefahren hatte, und in welch irrem Tempo diese schlugen, gleichwohl kraftvoll, und wie das Schiff dadurch beschleunigte.
"Himmelkreuzdonnerwetter, wieso geht das denn so langsam? beidrehen hab ich gesagt..."
Irgendetwas ging da auf dem anderen Schiff vor. Etwas schien in der Luft zu knistern. Und plötzlich schien sich der Himmel, ja, sogar die ganze Umgebung zu verdunkeln.
"Kaptein, was ist das?"
"Was ist was?"
"Na, das... wieso wirds auf einmal dunkel am hellichten Tag... da ist doch was faul..."
Van Oy befürchtete, daß sein Steuermann recht hatte. Irgendetwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu, und was immer es war, es konnte nichts gutes für ihn und seine mannschaft bedeuten...

"Backbordbatterie FEUER!" Van Oys Stimme hallte über das Schiff.
Wie eine Antwort bellten die Kanonen los, ein achtfacher Donner ertönte, gefolgt von dem Rumpeln der zurückkatapultierten Geschütze. Das Schiff wankte ordentlich, und man merkte, daß die Besatzung so etwas nicht gewohnt war, einige wurden von den Füßen geholt.
"Steuer hart backbord, Dreiviertelhalse, und sofort nachladen! Steuerbordseite in Feuerbereitschaft!" Van Oy hörte seinen eigenen Herzschlag über das Donnern der Kanonen. Das Schiff fing sich wieder. Er sah die Kanonenkugeln auf das gegnerische Schiff zufliegen... und... was war das...? Sie schienen auseinanderzutreiben...? Wie konnte denn so etwas... die Kanonenkugeln schienen von ihrem berechneten Kurs verdrängt zu werden, sie rasten links und rechts an dem Schiff vorbei, das immer noch beschleunigte... was war das nur für ein dumpfes Hämmern... nein, das konnte doch nicht sein Herzschlag sein... Es wurde immer lauter und schneller... die Ruder! Die Ruder des anderen Schiffes, im Takt dazu... aber... so stark konnten doch Dunkelelfen nicht sein...
"Hart Backbord hab ich gesagt, Verdeubel, wieso geht das denn so langsam?"
"Ich tu schon was ich kann, Kaptein, aber die See..."
Der Steuermann hatte ja recht. Unendlich langsam schien es van Oy, wie sein Schiff versuchte zu wenden... wie die andere Geschützseite dem Gegner zugewandt wurde... einem Gegner, der mit jedem Ruderschlag näher kam... einem Gegner, den er überhaupt nicht einordnen konnte, nur als groß und gefährlich...

"Kaptein, ich kann es zwar immer noch nicht ganz fassen, aber der will überhaupt nicht längsseits gehen... was sollen wir..."
"Wieso sind wir immer noch nicht auf Feuerposition?" Van Oy versuchte seine Panik zu unterdrücken. Entweder war das andere Schiff einfach zu schnell, oder seines zu langsam, oder...
"Kaptein... die wollen uns RAMMEN!!!"
"Unfug... das wird doch seit der Erfindung des Pulvers nicht m..."
Van Oy bemerkte etwas vor dem Bug des gegnerischen Schiffes. Es ragte kaum aus dem Wasser und erinnerte an eine gigantische Faust. "Verdeubel... Steuerbordseite, FEUER! egal was! Und danach..."
Der Rest des Satzes ging im Kanonengedonner unter.
"...sofort alle Kartätschen bestücken, habt ihr gehört, Saubande?"
Die Kanonenkugeln stoben auf das Schiff zu. die Hälfte würde es sowieso verfehlen, die Feuerposition war nicht ideal gewesen. und drei der anderen vie Kugeln stoben wiederum auseinander. Allein eine Kugel fand ihren Weg, und riß ein Loch in die schwarze Reling. Was van Oy dahinter erkennen konnte, trug nicht gerade zu seiner Beruhigung bei...

Bul-Taar hob die schwere Metallkugel, die eben durch die Reling geflogen war, mit einer Pranke auf. Er schien zu grinsen... wenn Minotauren grinsen können.
Er holte aus. Dann warf er. Auch nicht schwerer als ein Stein...

Die Kugel schlug auf Deck auf. Es krachte. Natürlich war sie nicht so weit und schnell geflogen als wäre sie gefeuert worden, aber schwer war sie nichtsdestotrotz.
"Kartätschen, wie weit seid ih..."
Weiter kam van Oy nicht.
Eine Meute Harpien stürzte sich von oben auf die Deckbesatzung.
Das Buffet war eröffnet...

Überall waren plötzlich Scharmützel im Gange. Kein einziger Dunkelelf weit und breit, dafür aber sprangen Dutzende von Tiermenschen über Enterplanken in das Marienburger Schiff, und ein wildes Gemetzel entbrannte.
Eine Harpie raste auf van Oy zu, der geistesgegenwärtig seine Pistole zog und abdrückte. Mit einem höllischen Kreischen folgte das Geschöpf nun letztendlich doch einem Gesetz - dem der Schwerkraft. Aber was war das schon gewesen? Eine Schneeflocke in der Hölle... Van Oy sah, wie eine Horde Tiermenschen seine Besatzung einfach über Bord warf... wieviele der Männer mochten überhaupt schwimmen können?
Jäh wurde er von einem Krachen aus seinen Gedanken gerissen. Ein Trupp Minotauren war auf das Schiff gesprungen und veranstaltete jetzt wirklich ein Blutbad unter der Mannschaft... die Comtessa! Van Oy machte einen Satz zur Tür, die zum Unterdeck führte, und hechtete hindurch.
Noch kein Tiermensch war hier...
"Comtessa, egal was passiert, versteckt euch... daß sie euch nicht finden..."
"Wer denn? Kapitän, was ist da oben denn..."
"Ihr WOLLT es nich wissen, also bleibt wo ihr seid... und betet..."
Plötzlich krachte es, und es wurde hell. Ein ganzes Stück Decke wurde einfach aus seiner Verstrebung gerissen. Van Oy blickte nach oben, und blickte direkt in die rotglühenden Augen eines kolossalen Minotaurus. Er griff nach seiner Pistole, aber sie fiel ihm aus der Hand...
Der Minotaurus gab ein seltsames Geräusch von sich.
Wer Minotauren verstand, hätte erkennen können, daß er lachte...

Der Lärm hatte recht schnell wieder aufgehört. Das Schif wankte nicht mehr so stark, das Gedonner war vorüber, das Dröhnen... wo immer es hergekommen war, hatte nachgelassen...
Irgendwer ging dort oben noch auf und ab, aber das tempo war aus den Schritten heraus, dafür waren sie schwerer...
Die Comtessa wußte nicht was sie tun sollte. Sie hatte Geräusche gehört die sie sich bisher nicht einmal hatte vorstellen können, geschweige denn wollen. Sie hatte Schreie gehört, die sie nur Todesangst zuordnen konnte, sie hatte es knacken und brechen hören, Holz, Knochen, Metall...
Über ihr splitterte die Decke.
Die Comtessa drückte sich noch weiter in die Zimmerecke.
Die Decke brach nun vollends auseinander, als eine Pranke hineinlangte und einfach eine Planke nach der anderen herausriß.
Dann wurde es noch dunkler, als sich ein gewaltiger Kopf durch die neu entstandene Öffnung schob.
Die Comtessa begann zu schreien.
Bul-Taar ignorierte es geflissentlich. Der mächtige Minotaurus zerriß die Kabinendecke nun vollends und sprang hinunter. Er hob das schreiende Bündel mit einer Pranke hoch. Daß es zappelte und schrie störte ihn nicht sonderlich. Er warf das Bündel einfach über seine Schulter.
Die Comtessa schrie weiter, eher aus Reflex als bewußt. Daß ihr eben noch so prachtvolles Kleid nun zerfetzte, als es an den Deckenresten hängenblieb, als der Minotaurus wieder an Deck kletterte, bekam sie gar nicht mit.

Die Tiermenschen waren zufrieden mit dem, was sie erbeutet hatten. Bul-Taar warf das Bündel in einen Raum mit Gitter, den er an Bord des schwarzen Schiffes gefunden hatte.
Die Comtessa schrie immer noch.
Bul-Taar gab seinen Truppen den Befehl, die Reise fortzusetzen.
Die Trommel dröhnte wieder, die Ruder setzten sich in Bewegung.
Niemand schien die Comtessa zu hören... und die, die sie hörten, nahmen keine weitere Notiz davon... irgendwann wurde sie heiser und müde, und verstummte...

Irgendwo auf der See versanken die Reste eines Marienburger Schiffs...

Ein dumpfes Trommeln erfüllte die Luft um das schwarze Schiff. Die See war erstaunlich ruhig, und umso deutlicher war das Trommeln zu vernehmen.
Nicht, daß jemand zugegen gewesen wäre, den dies gestört hätte. Kein Segel am Horizont ließ sich blicken, und die Tiermenschenhorde, die dieses Schiff steuerte, war alles andere als gestört durch das Trommeln.
Bul-Taar hatte sich einen Thron gebastelt, hinten auf dem Achterdeck, einen Thron aus Trümmern, Knochen und Rüstungsresten der Besatzung... sowohl der Dunkelelfen, als auch der Menschen, die sie gestern erwischt hatten.
Die Nacht senkte sich, die Sterne schienen etwas ungewohnt zu flimmern in dieser Nacht, und weiter tönte das Trommeln über die See...

"Brüder, ihr wißt wozu wir zusammengekommen sind... Echo"
"Sieh zu dassshhhhhschlabber du dich kurz fasssshhhhschlabbersssst, ich ertrage deine Anwesenheit einfach nichchchchchchchkeuch..."
"Es wird um so schneller gehen, je seltener du deine faulige Klappe aufreißt...Echo"
"melodisch, mehrstimmigStreitet euch doch nicht... Schließlich haben wir doch alle dasselbe Ziel..."
"DonnerWILLST DU MICH BELEIDIGEN??? SEIT WANN HABE ICH DIESELBEN ZIELE WIE..."
"Ts ts ts... Echo Daß du dich nie beherrschen kannst... Echo Aber nun, laßt uns zur Sache kommen... Echo"

"ES WÄRE AN DER ZEIT DASS DU DICH EINMAL FÜR EINEN VON UNS ENTSCHEIDEST, HAST DU DAS VERSTANDEN?"
Bul-Taar schien nicht sonderlich beeindruckt.
"Ich glaube, ihr wollt doch eher etwas von mir, zumindest hat es den Anschein. Also, was habt ihr zu bieten?" Selbstgefällig lehnte sich der Minotaurus zurück.
"Ganz schön dreist... oder, Brüder..."
"Stimmt... das gefällt mir ja gerade..."
"Nun, was wünscht du dir denn? Welchen Gelüsten magst du frönen, Champion des Chaos?"
Bul-Taar holte tief Luft.
"Eigentlich dachte ich, ichr wißt das ganz genau... wie mächtig sind Götter, die nicht einmal die Wünsche eines Minotaurus kennen...?"
Ein Lachen, mit massivem Echo war zu hören.
"fast so wie ich es erwartet hatte... köstlich..."
"ICH FINDE ES VIELMEHR UNVERSCHÄMT!!!"
"Warum? hast du ihm nichts zu bieten?"
"ALSO DA SOLL DOCH...!"
"Na, nun hört schon auf... beantwortet seine Herausforderung doch mit einem Angebot..."

"DEINE KAMPFESLUST WIRD KEINE GRENZEN KENNEN, WENN DU MIR HULDIGST", donnerte die lauteste der vier Stimmen.
Bul-Taar winkte ab.
"Ich habe Champions für dich in diesem Rausch kämpfen sehen, und sie sind wie die Wahnsinnigen auf alles losgegangen ohne vorher darüber nachzudenken. Um jemanden wirklich zu vernichten braucht es mehr als reine Berserkerwut... Ich hoffe ja mal du hast noch etwas sinnvolles anzubieten...?" Ein fast spöttisches Schmunzeln umspielte das Maul des Minotaurus.
"Ich könnte dir auch etwas praktisches für den Kampf mitgeben... wenn deine Gegner erst einmal von Fliegen genervt sind, treffen sie dich wohl kaum noch..."
"Meinst du das ernst? Ich nehme mir meinen Proviant selber mit, und wen ich erst einmal totgeschlagen habe, der schlägt nicht mehr zurück. Ich warte...
"DANN SOLLST DU EINE WAFFE BEKOMMEN, DIE DEINER WÜRDIG IST! DAMIT KANNST DU..."
"...in der Gegend herumfuchteln. Ich verlasse mich auf mich, nicht irgendwelche Hilfsmittel... In euren Waffen stecken Dämonen, und wenn die mal nicht wollen wie ich? Ich bin alt genug, einige andere Champions gesehen und überlebt zu haben. Ich kämpfe für das Chaos, aber für MEIN Chaos... ich hoffe ihr habt mich verstanden..."
Ein Kichern war zu hören, verstärkt von millionenfachem Echo.
"...und er hat nicht einmal unrecht..."

Ein Amulett erschien vor Bul-Taar mitten in der Luft.
"Was ist das?" Der Minotaurus blickte das Schmuckstück skeptisch an.
"Nimm es, und du wirst vor nichts, aber auch gar nichts mehr zurückschrecken... Vollkommen auf deine Lust für das Chaos zu kämpfen fixiert kannst du damit jedem Feind, der es wagt, sich dir in den Weg zu stellen, gegenübertreten..."
Der Minotaurus nickte langsam.
"Na also. Langsam werden die Angebote interessant... Das kommt in die engere Auswahl... was ist mit dem Rest von Euch? Hält jemand mit?"
"DU WILLST ALSO GESCHÜTZT SEIN GEGEN DEINE FEINDE? NICHTS LEICHTER ALS DAS, ICH KANN DIR EINE RÜSTUNG SCHENKEN, DIE DICH BESSER ALS JEDE SCHÜTZT, DIE STERBLICHE ANFERTIGEN KÖNNTEN..."
Bul-Taar schüttelte den Kopf.
"Trage ich eine Rüstung? Glaube mir, wenn ich eine wollte, hätte ich schon eine."
Ein donnerndes Gebrüll war zu hören.
Dann ertönte wieder ein leises Lachen.
"Beruhige dich mal wieder... hast du allen Ernstes geglaubt, dieser Minotaurus würde unter Wert für irgendjemanden außer sich selbst arbeiten...?"

Erst einmal folgte Schweigen.
Dann meldete sich die röchelnde Stimme wieder.
"Ich habe dich richtig verstanden, daß du Waffen und Rüstungen voll und ganz ablehnst...?"
Bul-Taar nickte. "Genau. Ich muß wissen was ICH kann. Eine Waffe kann man mir wegnehmen. Ich bin die Waffe."
"Dann habe ich etwas für dich... Eine Aura, die dafür sorgen wird, daß deine Gegner mit dir auf gleichen Bedingungen kämpfen... eine Aura des Verfalls, der ihre Rüstungen, Schwerter und Lanzen zerfallen lassen wird..."
Bul-Taar schnaubte. "Klingt auch interessant. Klingt nützlich. Klingt als fangt ihr an zu denken."
"DIESES HALSBAND HIER WIRD DICH IMMUN GEGEN MAGIE MACHEN!!!" unterbrach die donnernde Stimme wieder.
Bul-Taar entlockte dies wiederum nur ein Schmunzeln.
"Das klingt zwar erst mal sehr praktisch... aber erstens Trage ich kein Halsband, und zweitens - wenn ich immun gegen Magie bin, wie kann mich dann einer unserer Schamanen in meinem Sinne verzaubern? Wie komme ich dann so schnell wie ich will zu meinen Feinden?"
Wieder donnerte es.
"GESCHWINDIGKEIT WILLST DU HABEN??? ALS WENN DU NICHT SCHNELL GENUG WÄREST... ABER GUT, DU SOLLST EIN REITTIER AUS MEINEN STALLUNGEN ERHALTEN, DAS STARK GENUG IST, AUCH DICH ZU TRAGEN!"
Bul-Taar nickte langsam.
"Das klingt doch endlich mal besser... kommt noch was...?"
wieder schallte ein vielfach geechotes Lachen durch den weiten Raum.
"Aber sicher doch. Und du solltest schon längst wissen, was ICH dir schenke... du solltest allerdings entscheiden..."

"Hier, dieser soll mein Geschenk sein... So bin ich deiner Sache dienlich und du der meinigen..."
Ein Ring materialisierte sich. Ein goldenes Schmuckstück war es, verziert mit dem allsehenden Auge. Für einen Menschen oder Elfen mochte dies einen Armreif dargestellt haben, für den Minotaurus war es gerade mal als Fingerring zu gebrauchen.
"Was vermag dieser Ring zu vollbringen? Ich verstehe mich nicht auf Magie..."
"Eben das ist der Grund, weshalb ich diesen Ring ausgewählt habe. Du magst nicht immun gegen Magie sein, aber geschützt gegen die deiner Feinde, das wäre dir doch recht, oder? Nun, dieser Ring kann einen Zauberspruch, den ein Feind gegen dich spricht, auffangen und zurückwerfen... und das ist äußerst praktisch."
Bul-Taar nickte.
"Praktisch ist das allerdings... Und nun habt ihr allesamt etwas praktisches angeboten..."
"JA! ES WIRD ZEIT, DASS DU DICH ENDLICH ENTSCHEIDEST!!!"
"Stimmt. Entscheide dich."
"Entscheide dich!!!"
"Für wen von uns entscheidest du dich nun?"
Bul-Taar lächelte, wenn ein Minotaurus das kann.
"Ich habe meine Entscheidung getroffen..."

"Schwarze Segel voraus, Mein Prinz!"
Prinz Sirrion blickte auf. Schwarze Segel HIER? Er begab sich an den Bug des Schiffes und setzte sein Fernrohr an.
"Tatsächlich... das sind schwarze Segel... das sieht aus wie ein Druchiischiff... bemannt die Geschütze! Macht euch kampfbereit..."
Druchii so weit im Osten? wie mochten die nur an der Flotte der Asur vorbeigekommen sein... nun gut, es mochte vielleicht ein einzelnes versprengtes Schiff sein, daß vielleicht noch während einer Schlacht einfach unbemerkt davongesegelt war... passen würde es zu der feigen und hinterhältigen Art der verhaßten Vettern.
"Wie weit ist es noch?"
Davir, der Navigator, blickte zu Sirrion auf.
"Wenn wir mit diesem Tempo weiterreisen sind wir schon bald in Geschützreichweite, mein Prinz."
"Gut. Laßt die Schilde anbringen..."
Die Mannschaft spurte. Schon einige Schlachten hatten sie gegen die Druchii geschlagen, und sie kannten ihre Taktiken - und ihre Speerschleudern. Viele aus ihren Reihen hatten leider schon die Bekanntschaft mit den Geschossen machen müssen, die die Korsaren mit tödlicher Genauigkeit auf die Asur abgefeuert hatten.
Quasimol, der Seher, trat zu Sirrion heran.
"Mein Prinz... Es ist etwas faul..."
"Ja, das liegt in der Luft... dort drüben sind Druchii... ihr riecht sicher schon die Harpien..."
"Das meine ich ja gerade... irgendetwas stimmt dort nicht..."
"Was soll da nicht stimmen? Das schwarze Schiff hält auf uns zu, wir halten gegen, und gleich kommt es zur Schlacht... macht euch bereit..."
"Ihr versteht nicht, mein Prinz... Ich fühle Magie auf diesem Schiff... aber es ist nicht die Magie der Druchii... die kenne ich leider mittlerweile zur Genüge, aber das... das ist anders..."
"Sprecht so, daß euer Prinz euch verstehen kann, Quasimol! Was wollt ihr damit sagen?"
Jäh wurde er vom Ausguck unterbrochen.
"Prinz, sie beschleunigen... die Bastarde rudern!"

"Was soll das heißen, die rudern? Rudern können wir auch..."
"Schaut doch selbst!"
Sirrion trat an die Reling und traute seinen Augen nicht. Das schwarze Schiff machte mitnichten Anstalten, längsseits zu gehen, statt dessen ruderte es mit voller Kraft auf sein Schiff zu; auch die Segel waren auf voll gehißt... und das Rudertempo... wieviele Druchii mochten da an jedem Ruder sitzen... die konnten doch gar nicht alle dort hineinpassen...
"Seht ihr was ich meine, mein Prinz? Das sind keine Druchii..."
"Was sonst? Dort oben sind doch Harpien... Bogenschützen, holt die da runter!" Sirrion befehligte seine Mannschaft in einer ungewohnt hektischen Manier.
"Quasimol... findet heraus, was mit diesem Schiff los ist... ich möchte meine Gegner kennen BEVOR wir ihnen in der Schlacht gegenüberstehen!"
Der Seher nickte, ging an die Reling, blickte zu dem anderen Schiff hinüber und schloß die Augen. Er murmelte etwas, was selbst für einen Asur nur dann Sinn machen konnte, wenn dieser in den arkanen Künsten bewandert war...
"Tiermenschen."
Sirrion sah Quasimol an, als habe er ein Gespenst gesehen.
"Bitte was? Tiermenschen auf hoher See?"
Quasimol nickte.
"Dem ist offensichtlich so. Und ich spüre mächtige Magie... sie haben Schamanen... ich werde versuchen, uns einen Vorteil zu verschaffen..."
Sirrion hörte das schon gar nicht mehr.
"Geschütze, alles auf Backbord ausgerichtet... Steuer zwanzig Grad auf Steuerbord..."
"Mein Prinz, die werden uns Rammen wenn wir das tun!"
"Und wenn wir das nicht tun etwa nicht, Davir? So können wir wenigstens noch einmal schießen bevor..."
Ein Schrei des Sehers unterbrach ihn jäh.
"Quasimol... was ist..."
Sirrion erschrak. Dort, wo er eben noch in Quasimols graue Augen geschaut hatte, waren nun zwei weiße Augäpfel, bar jeder Iris oder Pupille.
"Mein Prinz, ich weiß nicht WAS das war, aber es war zu viel für mich... Asuryan möge euch beistehen...

Eine Art Donner ertönte, und aus dem Donner war nun ein schnelles, wenn auch dumpfes, rhythmisches Trommeln zu hören, das immer schneller wurde, und zu dessen Takt die Ruder des schwarzen Schiffes durch die See pflügten. Noch immer starrte Sirrion wie gelähmt auf den Seher.
"Geschütze... sobald der Feind in Reichweite ist... feuern..."
Die Befehle kamen eher gebrochen über Sirrions Lippen. Mit was für Kräften der Magie wurde hier gewirkt? So etwas hatte er noch nie erlebt...
Plötzlich wurde es dunkler. Der Himmel schien sich rapide zu bewölken, und die Meute Harpien dort oben fiel gar nicht mehr auf.
"Bogenschützen, achtet auf die Harpien, die dürfen nicht..."
Mit einem irren Geschrei stürzte sich die chaotische Brut auf die Asur herab. Hunderte Pfeile flogen ihnen entgegen, und viele wurden getroffen, klatschten aufs Deck oder versanken im Ozean.
Irgendewas flimmerte düster um das andere Schiff herum.
Die Speerschleudern der Hochelfen feuerten. Eine Salve nach der anderen flog auf das schwarze Schiff zu, aber sie schienen es größtenteils nicht zu erreichen.
Dann krachte es.
Das schwarze Schiff hatte das Schiff der Hochelfen erreicht.
Speere wurden angelegt, was immer da auch kommen wolle...
aber noch zeigte sich nichts auf der anderen Seite der Reling...

Dann krachte es. Das Hochelfenschiff wackelte, und einige Asur wurden von den Beinen geschleudert, was ihrem Kampf gegen die Harpien, die mittlerweile über das Deck tobten, alles andere als zuträglich war.
Sirrion schaute nach dem Grund für diese Erschütterung, und erkannte einen Rammsporn in Form einer gewaltigen Faust an dem schwarzen Schiff... Verdammt!
Ein plötzliches Gebrüll, daß er noch nie zuvor gehört hatte, schreckte ihn aus diesen Gedanken hoch.
Ein Trupp Minotauren - es mochten vielleicht zwei Dutzend sein - sprang einfach über die Reling und raste in den Nahkampf. Was folgte war eine Welle der Panik die durch die Asur schwappte. Einige stellten sich todesmutig im Kampf gegen die gehörnten Bestien - andere mochten so ein Verhalten lebensmüde nennen. Einige andere Asur suchten das Heil in der Flucht, manche sprangen über Bord... die Haie würden ein gutes Mittagessen bekommen.
Sirrion wußte was er zu tun hatte. Er griff an seinen Gürtel, nahm eine Phiole, entkorkte sie und stürzte sie herunter.
Eine Woge der Kraft durchströmte den Elfen, er griff seine Waffe und trat den Minotauren entschlossen entgegen.
Ob er den Kampf kippen würde war ungewiss, sicher war allerdings daß er hier nicht einfach kampflos sterben würde... er sah, wie weitere Tiermenschen, von den Minotauren angespornt, an Bord sprangen und die Asur angriffen.
"Für Ulthuan!"
Sirrion sprang ins Getümmel.
Auf der anderen Seite schien jemand - oder etwas? - zu antworten.
Sirrion verstand es nicht.
Er hörte nur, daß es laut war.

Ein Minotaurus trat Sirrion in den Weg. Der Asur hob sein Schwert und trat einen Schritt zur Seite, um dem Hammerschlag des Monstrums zu entgehen. Dann machte er einen Ausfallschritt und rammte den Minotaurus mit der Schulter.
Normalerweise würden die Knochen und Muskeln eines Asur so ein Manöver gar nicht mitmachen. Auch hier knackten sie nun, aber das fühlte Sirrion gar nicht. Von der unerwarteten Wucht dieses Schulterblocks wurde der Minotaurus einige Meter durch die Luft geschleudert und krachte in die Reling.
Auf dem anderen Schiff ertönte wieder ein Gebrüll, daß Sirrion nicht einordnen konnte. Als wäre es mehrstimmig, hatte es durchaus Ähnlichkeit mit dem, was die Minotauren so von sich gaben, aber es mischte sich auch ein seltsamer, tiefer, metallischer Klang mit hinein. Sirrion war das jetzt egal. Links und rechts neben ihm kippten reihenweise Asur über die Reling, weil die Minotauren sie einfach hinüberwarfen. Sirrion versuchte, einen genau daran zu hindern. Der Minotaurus schaute recht überrascht, daß ihn da ein einzelner Asur festhielt. Er versuchte ihn einfach abzuschütteln, was zwar dazu führte, daß Sirrion den Kontakt mit dem Boden verlor, aber der Elf ließ nicht locker. Statt dessen begannen die Knochen des Minotaurus bedenklich zu knacken...
Zum dritten mal ertönte das seltsame, zweistimmige Gebrüll von der anderen Seite.
Ein gewaltiger Schatten sprang von dem Schwarzen Schiff an Deck des Hochelfenseglers.
So etwas hatte Sirrion noch nie gesehen. Er ließ den Minotaurus los und bereitete sich auf den Kampf vor...

Sirrion hatte das Gefühl, als wäre es dunkler um ihn geworden, dabei war doch hellichter Tag. Vor ihm ritt ein Wesen wie er es noch nie gesehen hatte... das Reittier überragte Sirrion schon um mehr als das Doppelte seiner Größe, und was immer es war schien aus Metall zu bestehen, aber die mordlustigen Augen, die lodernden Flamen glichen, blickten ihn so durchdringend an, daß er wußte, daß dieses etwas auf eine widernatürliche Art leben mußte. Darauf saß - wenn auch in ungewohnter Haltung - offensichtlich ein Minotaurus, aber der war weit größer als der, gegen den er eben gekämpft hatte.
das Wesen deutete mit einer Pranke in Sirrions Richtung.
"Vot Mnjaka!"
Er hatte kein Wort verstanden, aber eigentlich wollte er das auch gar nicht.
Das metallene Ungetüm scharrte mit seinen Klauen, dann sprang es plötzlich vor.
Sirrion warf sich gerade noch zur Seite. Wo er eben noch gestanden hatte, knarzte es im Gebälk, als das Gewicht des metallenen Monsters auftraf.
Womit Sirrion nicht gerechnet hatte, war, daß der Minotaurus seinerseits nun auch noch sprang, und zwar direkt neben ihn. Der Asurprinz versuchte, mit seiner Klinge auszuholen, doch der Minotaurus fing seinen Arm ab und drückte einfach nur zu.
Sirrion schrie auf.
Aber dieser Schrei ging unter in dem Triumphgebrüll des Minotaurus. Dieser packte den schreienden Asur nun und warf ihn in Richtung seines Reittiers, daß ihn unter seinen Vorderbeinen begrub.

Die Tiermenschen hatten geplündert was es nur zu plündern gab. Die Schamanen schienen sehr zufrieden mit dem, was sie gefunden hatten. Dann hatten sie das Hochelfenschiff größtenteils zertrümmert. Nun wirkte es fast wie ein schwimmender Scheiterhaufen.
Bul-Taar trat an die Reling, in der Hand hielt er den leblosen, zerschmetterten Körper eines Hochelfenprinzen.
Er hielt ihn kopfüber an das Feuer, das neben ihm brannte. Die langen blonden Haare des Asur brannten sofort lichterloh.
Bul-Taar warf den Körper hinüber auf das, was einmal ein Schiff gewesen war.

Das schwarze Schiff fuhr weiter gen Westen. irgendwo am Horizont verschwand ein gigantischer, lodernder Scheiterhaufen außer Sichtweite...

Es war ein schöner Tag in L'Anguille, was dem Herzog eigentlich nur recht sein konnte. Schließlich hatte er zu einem Turnier geladen, und aus allen Provinzen des Reiches waren Teilnehmer angereist, um für Ruhm und Ehre gegeneinander ihre Kräfte zu messen. Selbst bretonische Prominenz hatte sich angekündigt... Der Herzog blickte von seinem Balkon aus aufs Meer. Es war ein wenig windig, aber ansonsten war der himmel blau, die Vögel zwitscherten...
"Sire, seid ihr soweit?"
Sein Knappe stand in der Tür.
"Die Herrschaften haben sich mittlerweile eingefunden, ihr könnt die Spiele eröffnen."
"Gut, Passepartout, dann werde ich mal zur Tat schreiten..."
Der Herzog folgte dem Knappen die Treppen hinunter, und wurde unten im Festsaal mit gebührendem Applaus empfangen. Als dieser sich gelegt hatte, blickte er einmal in die Runde, und setzte an.
"Meine lieben Gäste, willkommen zur Festwoche von L'Anguille. Die besten aus unseren Reihen werden sich nach alter Tradition in Wettbewerben der Ritterlichkeit miteinander messen. Direkt nach der Eröffnung sind die Listen zum Einschreiben bereit, und die Herolde werden euch Auskunft geben, wann denn welcher Bewerb stattfinden soll. In diesem Sinne, und für die Herrin des Sees, erkläre ich die Feierlichkeiten für..."
"ALARM!!!"
Ein Wächter stürmte in den Saal.
"...eröffnet...?"
Der obligatorische Applaus blieb aus, alle Augen ruhten auf dem Wächter.
"Am Hori... Horizont... Segel... schw... schwarz... und wohl groß... steuern auf uns zu..."
Der Rest ging im allgemeinen Tumult unter.

Menschenmassen strömten an die Zinnen, und alle blickten in Richtung des Horizontes. Ja, dort waren tatsächlich schwarze Segel zu erkennen...
Der Herzog drängte sich zum Beobachtungsposten durch.
"Kann man schon erkennen, wieviele Schiffe es sind?"
"Tut mir leid, Sire, aber das ist noch nicht möglich... wir sehen, daß es schwarze Segel sind, große schwarze Segel, und das, was dranhängt kann man noch nicht erkennen, also muß es schon etwas großes sein."
"Dann schaut weiter durch eure Fernrohre, ich will sofort informiert werden, wenn wir etwas genaueres wissen! Und versetzt die Truppen in Alarmbereitschaft..."
"Sire... der Form der Segel nach könnte es sich um Dunkelelfen handeln."
"Bitte was???"
"Dunkelelfen, Sire. Die Segelform ist typisch für diese Rasse, und es gibt eine ganze Reihe Seefahrer unter ihnen."
"Ja, aber die leben doch ganz woanders...?"
"Stimmt, Sire, aber wo das Meer sie hinführt..."
"Gut, beobachtet sie weiter... ich werde mich mit meinen Rittern beraten."
Sofort wurde eine Krisensitzung einberufen, wo direkt beschlossen wurde, die Festwoche NICHT zu verschieben - das Volk hatte genug Sorgen, vielleicht würde ein wenig Ablenkung gar nicht schaden. Was aber die potentielle Gefahr, die von hoher See näherkam, anging, suchten die edlen Bretonen fieberhaft nach einer Lösung...

Immer wieder war Herzog Aristide von L'anguille auf den Balkon getreten und hatte durch ein Fernrohr geblickt. Mittlerweile konnte man erkennen, daß es sich lediglich um ein Schiff handelte, allerdings um ein recht großes. Die Ritter, die sich im Saal versammelt hatten blickten allesamt etwas ratlos drein. Selbst einige wirkliche Berühmtheiten des Bretonischen Reiches, allen voran Repanse de Lyonesse, befanden sich unter ihnen, aber Ideen zur Problemlösung schien niemand zu haben. Der Herzog hatte nach seiner Hofmagierin geschickt, und diese war nun eingetroffen.
"Sire, wißt ihr denn überhaupt schon etwas über das Ziel der Dunkelelfen?" begann sie.
Herzog Aristide zuckte mit den Achseln.
"Ehrlich gesagt, nein. Sie haben keine sonderliche Beflaggung, daher können wir ihre Motive bestenfalls erahnen. Aber ihr Schiff hat direkten Kurs auf L'Anguille, und bisher haben wir noch nichts gutes über das Volk der Dunkelelfen gehört..."
"Noch dazu müssen sie schon ziemlich kampferprobt sein" gab ein Rítter zu bedenken, "schließlich liegt zwischen ihrer Heimat und unserem Land Ulthuan, und die hochelfische Armada!"
Der Herzog nickte nur. Der Kommandant der Hafenfestung meldete sich zu Wort:
"Dunkelelfen sind für ihre gefährlichen Speerschleudern bekannt, die selbst Ritterrüstungen mit Leichtigkeit durchschlagen können. Wie sollen wir dem begegnen?"
"Ich hoffe, ihr habt bereits Order gegeben die Hafengarnison mit Pavisen auszustatten und Doppelschichten zu fahren!"
"Sicher, Sire, aber ob das reichen wird?"
Die Magierin schüttelte den Kopf.
"Daß ihr immer direkt an den Krieg denken müßt... Überlegt doch einmal... wenn Dunkelelfen so mächtig sind mit ihren Schußwaffen... wieso gab es dann nich schon lange einen derartigen Angriff? Ob das jetzt überhaupt ein Angriff ist? Vielleicht hat ihre Gegenwart ja einen ganz anderen Grund?"
Die meisten der Ritter lächelten eher milde ob der Bemerkung der holden Dame... zurecht...?

Stille.

Wirklich Stille?

Nein. Ein gleichmäßiger, straffer, aber nicht schneller Ruderschlag war zu vernehmen. Leise, aber vorhanden. Das Bild eines Dunkelelfenschiffes, das auf die Bretonische Küste zuhielt, war deutlich in den Nebelschwaden zu erkennen.

"Schmollt er?"
"SCHMOLLEN nennst du das? Erst hat er getobt, dann ein paar Festungen zerdeppert und seitdem kommt in regelmäßigen Abständen ein Gerumpel aus seiner Richtung..."
"Also schmollt er noch."
"Ach was... das ist doch kein SCHMOLLEN... So ist er nun mal... genauso wie du IMMER stinkst ist er IMMER laut..."
"Ich tue WAS???"
"Er meint du... duftest..."
Der Gesprächspartner war davongeschlurft.
"Na super. Jetzt haben wir schon zwei eingeschnappte Mimosen..."
"Das gibt sich schon, das gibt sich... warte nur ab. Spätestens wenn das Schiff den Hafen erreicht werden sie wieder hier sein... und ruhig werden sie sein... ich glaube kaum, daß einer der beiden DIESES Schauspiel verpassen will... zumal... es wird einiges zu sammeln geben..."
"Zu... sammeln? Meinst du etwa..."
"Aber sicher doch! Es werden doch jede Menge Sterbliche zugegen sein, wenn er eintrifft... Ein besseres Publikum können wir uns doch kaum wünschen..."
"Aber dennoch... fandest du seine Forderungen nicht etwas unverschämt?"
"Ich wußte gar nicht, daß so ein Woert überhaupt in deinem Sprachschatz existiert, aber - nein. Vielmehr halte ich sie für intelligent."
"hmm. Dann wundert mich seine Reaktion jetzt auch wieder noch weniger... Aber weißt du wie wir seine regelmäßigen Ausbrüche und den zugehörigen Qualm bis zum großen Auftritt abstellen können?"
"Das nicht - aber ich arbeite an einem Lautstärkeregler..."

"Sire, die Bogenschützen sind in Stellung!"
"Gut, laßt sie in Feuerbereitschaft gehen... aber bleibt bloß hinter den Pavisen, deren Schiffsgeschütze müssen Reichweiten haben..."
Man konnte meinen, daß die Luft knisterte, so angespannt waren die versammelten Bretonen, die aufs Meer hinaus blickten. Die Zeit schien wie in Zeitlupe zu verlaufen, der schwarze Koloß näherte sich unaufhaltsam dem Hafen...
"Und was tun wir, wenn die einfach nur aus der Distanz eine Breitseite nach der anderen hier herüber schießen?"
"Hinter den Pavisen in Deckung bleiben, was sonst? Wenn sie wirklich gegen uns kämpfen wollen, müssen sie schon landen, und das werden wir ihnen sicher nicht so leicht machen..."
Diese Bauerntölpel... Fragen konnten die stellen...
Aber das riesige schwarze Schiff dachte gar nicht daran, beizudrehen. Vielmehr steuerte es direkt auf die Hafeneinfahrt zu.
"Bei der Herrin des Sees, was haben die vor? Wo wollen die hin?"
"Das frage ich mich auch gerade..."
"Lady Yvraine!" Herzog Aristide war überrascht, seine Hofmagierin neben sich zu sehen. "Was tut ihr hier? das ist doch..."
"...gefährlich? Ich bezweifle das. Das Schiff ist nun schon so nah - wenn sie schießen wollten, hätten sie das schon längst tun können. Die führen etwas anderes im Schilde... etwas ganz anderes... ich habe da so ein mulmiges Gefühl..."
Vom Schiff war mittlerweile ein tiefes, rhythmisches Trommeln zu hören, in dessen Takt die Ruder weiterruderten und das Schiff mit jedem Schlag weiter in den Hafen schoben.
"Da oben sind Harpien! Bogenschützen..."
"...die Viecher fliegen viel zu hoch. Da kommen wir nicht ran, Sire!"
"Ja, verdammt, dann behaltet sie zumindest im Auge!"
"Und das Schiff?"
"Was weiß denn ich..."
Das Schiff wurde langsamer, aber nun lief es in das Hafenbecken ein - fast, als wolle es anlegen. Das Trommeln schwoll zu einem Trommelwirbel an, und plötzlich tönte ein lauter, greller und markerschütternder Gongschlag.

Die bretonischen Reihen bereiteten sich auf einen Angriff vor, hatten sie diesen Krach doch sicher für ein Angriffsignal gehalten. Aber der blieb aus - selbst die Harpien kreisten weiter über dem schwarzen Schiff... bedrohlich, aber nicht im Angriff.
An der Bordwand tauchte ein gigantischer Schatten auf. Und neben ihm noch einige weitere. Gemeinsam hatten sie, daß sie Hörner hatten, recht groß und muskulös waren...
Gemurmel machte sich unter den Bretonen breit, viele hatten so etwas seltsames noch nie gesehen. Aber der ein oder andere Questritter erkannte, worum es sich hier handelte.
"Sire, das sind ja..."
"Tiermenschen. Das sehe ich auch. Kann mir mal irgendjemand erklären, wie die auf dieses Schiff kommen, und was die in unserem Hafen wollen?!?"
"Sire... ich glaube, sie möchten uns das sogar sagen..."
Tatsächlich - der größte Schatten löste sich aus der Gruppe, ein selbst für einen Minotaurus großes Wesen baute sich an der Reling auf. Neben ihn trat ein kleinerer Tiermensch, der über und über mit allerlei seltsamen Amuletten geschmückt war.
Der Minotaurus brüllte etwas, was von den Bretonen keiner verstand.
Der Tiermensch neben ihm begann zu sprechen - es klang seltsam, wie eine Kreuzung aus Sprache und Ziegengemecker, aber was die Bretonen dort heraushörten, ließ sie ihren Ohren nicht trauen - der Minotaurus forderte die edlen Herren heraus! Am Turnier teilnehmen wollte er...

Die Bretonen hatten mit vielem gerechnet, aber sicher nicht damit. Unruhe machte sich breit in ihren Reihen, und sie fachsimpelten darüber, was denn nun am besten zu tun sei. Herzog Aristide sah sich mindestens einem Dutzend seiner sogenannten "Berater" gegenüber, die alle einen "besseren" Vorschlag hatten, wie er nun auf diese Herausforderung reagieren solle. Lady Yvraine bahnte sich einen Weg zu ihrem Regenten.
"Mylord, auf ein Wort..."
"Nun sagt nicht, ihr wollt mir nun auch noch Ratschläge geben..."
"Nennt es, wie ihr wollt - ich werde euch lediglich sagen, was ich denke, was passieren wird."
"Was passieren wird? Wie meint ihr das?"
"Nun, bedenket doch... Euer ganzes Volk ist hier versammelt. Und ein Fremder - wenn er auch ein Minotaurus ist, aber eben ein Fremder - fordert euch und eure gesamte Ritterschaft heraus. Meint ihr wirklich, ihr könnt so etwas ablehnen?"
"Aber - Minotauren sind Kreaturen des Chaos!"
"Das stimmt. Und wenn ihr ihm die Forderung verweigert, was glaubt ihr werden die Leute denken? Daß Bretonia Angst vor dem Chaos hat, daß werden sie denken. Und wollt ihr ihnen da etwa recht geben?"
Yvraine wußte wohl gar nicht, wie recht sie damit hatte. Der Herzog entgegnete ihr nichts. Noch nicht. In ihm reifte eine Idee... Schließlich sprang er auf, lief an die Befestigung und blickte zu dem Minotauren hinüber, der sich seit seiner Herausforderung nicht von der Reling wegbewegt hatte.
"Höre... Wie immer du auch heißen magst... du sollst deine Chance bekommen. Angesichts der Truppen, die du anführst, wirst du wohl eine Art Titel bei deinem Volke innehaben. Und so darfst du an unserer Tjoste teilnehmen. Finde dich mit deinem Herold und deinem Reittier auf dem Turnierplatz ein."
Der Herzog rieb sich die Hände.
"Mylord, was habt ihr getan? Seid ihr noch bei Sinnen?"
"Aber sicher, Yvraine! Zeigt mir doch ein Pferd, daß so ein Monstrum überhaupt TRAGEN kann - wie will der an der Tjoste teilnehmen?" Aber Yvraine war die leichte Regung im Gesicht des Minotaurus nicht entgangen. Wenn diese Finte mal nicht in einem derben Rückschlag ausarten würde...

Das dunkle Schiff glitt langsam auf die Kaimauer zu. In einer Mischung aus Angst, Verwunderung und Abscheu starrten die versammelten Bretonen zur Reling hinauf. Der Blick des gewaltigen Minotaurus schweifte über ihre Reihen, und die, die sich davon getroffen fühlten, schauten fast demonstrativ weg.
"Platz für Bul-Taar, Champion der Vier!" blökte der Tiermensch, der vor dem Minotaurus die Reling herunterschritt. und - fast reflexartig - stoben die Menschen auseinander. So bildete sich eine breite Gasse, durch die die Tiermenschen in den Hafen einmarschierten, dem Turnierplatz entgegen.
Plötzlich baute sich ein einzelner Ritter in der Mitte dieses Pfades auf.
"Halt! Ich werde nicht zulassen, daß ihr weiter bretonischen Boden entweiht! Ich..."
"Francois d'Orimar, zügele er sich! Diese Leute sind unsere Gäste, und ihr Champion wird am Turnier der Tjoste teilnehmen!"
"Aber Sire... das könnt ihr nicht ernst meinen! Solche Wesen haben doch keine Ahnung von Ritterlichkeit! Wie könnt ihr so etwas zulassen..."
"Er kann ihn fordern, wenn ihm danach der Sinn steht" entgegnete der Herzog. "Wie ist seine Wahl, d'Orimar?"
"Natürlich fordere ich ihn! Direkt hier und jetzt! Mann gegen Ma..."
Der Minotaurus öffnete sein Maul, und deutete auf den Ritter.
"I'Chamon Shyish'phak!"
Der kleine Tiermensch meckerte, als würde er lachen.
"Mein Lord nimmt an... hier und jetzt..."

Ohne weiter abzuwarten machte der Minotaurus einen Satz nach vorne und trat den Ritter vor die Brust, wodurch dieser erst einmal einige Meter nach hinten flog. Kaum war er gelandet, machte der Minotaurus einen Satz hinterher, und eines seiner Knie drückte langsam den Harnisch des Ritters nach innen. Eine seiner Pranken schloß sich um den Helm und zog daran, worauf ein widerliches Knacken ertönte.
Bul-Taar hob den Helm - samt Kopf - des Ritters in die Luft und brüllte. Die Tiermenschen stimmten in seinen Triumphschrei ein. Ein Schaudern ging durch die Menge...

Nun war der Weg zum Turnierplatz so frei, wie er selten gewesen sein mochte - und Bul-Taar schritt, gefolgt von einer Meute bepelzter und gehörnter Gestalten, voran. Die unheimliche Stimmung wurde durch das Flüstern, daß sich rasend an jeder Stelle in der Menge breitmachte, die der Minotaurus passierte, nicht gerade gemindert.
"Ich hatte euch gewarnt, Mylord..."
Herzog Aristide blickte einfach nur geradeaus. Sein Blick blieb weder an dem geschundenen Leichnam des jungen Ritters noch an dem Minotaurus, der dafür verantwortlich war, hängen. Er hatte Lady Yvraine zwar gehört, aber hatte er den Inhalt auch wahrgenommen?
Die Tiermenschen schienen sich um ihr Umfeld nicht einmal sonderlich zu kümmern - das dunkle Schiff war am Hafen vertäut worden, Tiermenschen waren an Land gegangen, und bauten nun eine Zeltstadt auf, inmitten der bunten Zelte der bretonischen Ritter.
Es war später Nachmittag, Aristide war wieder in seinen Gemächern, als ein Bote hereintrat.
"Mylord - einer dieser... dieser... Tiermenschen will euch sprechen."
"Na dann lasse er ihn doch herein! Worauf wartet er?"
Achselzuckend drehte der Bursche auf dem Absatz um, öffnete die Tür, und herein trat der Tiermensch, der schon auf der Straße für den Minotaurus gesprochen hatte.
"Mein Lord wünscht, die genauen Regeln eures Wettbewerbes zu erfahren, Mensch." Die Worte klangen wie Ziegengemecker, aber sie waren dennoch klar verständlich - mittlerweile überraschte Aristide wohl nichts mehr.
"Ihr seid der Herold eures Champions?"
"Was ist ein Hähähähähäääääärold?"
Aristide seufzte, und machte sich daran, dem Tiermenschen zu erklären, wie eine Tjoste denn in Bretonnia ablief. Und die Fragen, die der Tiermensch stellte, führten dazu, daß Aristide erst einmal seine Berater kommen ließ...

Fünf Bretonen sahen einen Tiermenschen sehr erstaunt an. Der eher kleingewachsene Tiermensch, dessen Widderhörner irgendwie seltsam schimmerten, und dessen Namen sie immer noch nicht aussprechen konnten, geschweige denn seine Bedeutung erahnen konnten, stellte Fragen zur Turnierordnung, die sie noch nie gehört hatten. Ob ein Teilnehmer denn Rüstung tragen müsse war eine davon.
"Dazu gibt es keine Vorschrift, aber wer würde darauf verzichten? Wenn eine Lanze einen ungerüsteten trifft, ist es doch aus und vorbei" warf einer der Ritter ein.
"Das bringt mich zum nähähähähähääääächsten... Lanzähähäääää... braucht man sowas? Muß man mit einer Lanzähähääääää kähähähäääämpfen?"
Nun blickten die Bretonen noch erstaunter.
"Ja... womit denn sonst... wie soll man den Gegner denn sonst aus dem Sattel stoßen... sicher kämpfen wir auch mit Schwertern oder Morgensternen, aber bei der Tjoste..."
"Sattel? Was ist denn ein Sattel?"
"Darauf sitzen wir auf dem Pferd..."
"Pfähähäääärd? Ihr sitzt auf eurem Futter?"
Aristide seufzte. Da hatte sprichwörtlich jemand den Bock zum Gärtner - oder vielmehr Herold - gemacht, und der hatte absolut keinen blassen Schimmer von irgendetwas was einem ritterlichen Turnier auch nur entfernt ähnelte. Er setzte an, es einmal von Grund auf zu erklären.
"Also, das ist so: Bei einer Tjoste reiten die Gegner aufeinander zu und versuchen, den anderen mit der Lanze vom Pferd zu stoßen, oder, wie wir es nennen, Lanzen zu brechen. Es gibt dort verschiedene Punkte, auch, wenn man den Helm oder die Helmzier des Gegners erwischt, und wenn nach drei Lanzengängen keiner vom Pferd gefallen ist, entscheiden die über den Sieg... war das einigermaßen verständlich?"
"Hähähähähähääääääääälm? Man muß einen Hähähähähähääääääääälm tragen? Dann kann man doch gar nicht sähähähähääääähen..."
"Sire, wir müssen uns da etwas einfallen lassen, mal abgesehen davon, daß ich mir einen Minotaurus in Rüstung gar nicht vorstellen kann, nehme ich aufgrund der Fragen seine Herolds einmal an, daß er so etwas nicht einmal besitzt..."
"Mein Herr braucht so ähähähähähtwas nicht... ihr werdet schon sehen..."

Yvraine beobachtete das Zeltlager. Etwas Sorgen bereitete die große Kiste, die die Tiermenschen vom Schiff neben das große Zelt geschleppt hatten. Was mochte darin sein?

"WAS SOLL DAS WERDEN...!!! WIESO SCHLACHTET ER SIE NICHT EINFACH WIE DAS VIEH DAS SIE SIND???"
"He, nur mal langsam... das HAT er doch sogar schon... im Moment... spielt er ein bißchen... merkst du nicht wieviel Angst sie vor ihm haben, und gleichzeitig, wie fasziniert sie von seiner - und somit unserer Macht sind?"
"DU REDEST IRRE SOBALD DU ÜBERHAUPT WAS SAGST, DU..."
"...und du nervst ganz gewaltig. Sei doch einmal nicht so laut. Könnte sogar für dich mal eine neue Erfahrung sein."
"Nun hört schon auf. Paßt lieber auf, was da vor sich geht. Glaubt ihr, nur weil ich es könnte halte ich für euch auch noch die Augen mit offen?"
...irgendwie haßten sie es, wenn er mal wieder recht hatte...

"Du weißt, was du zu tun hast... Beeile dich, halte nicht unnötig, du weißt wie dringend diese Nachricht ist."
Lady Yvraine wirkte wirklich sehr besorgt, als sie einem gut vertrauten Knappen ein Schreiben übergab.
"Und was soll ich danach tun, Mylady?"
"Ruh dich danach erst einmal aus. Wenn sie verstehen, was ich geschrieben habe, werden sie schon versuchen zu tun was sie können."
Der Knappe salutierte, dann kletterte er auf sein Pferd und galoppierte los.
Hoffentlich würde man ihr glauben...

Fortsetzung folgt...

 

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Last Update: 01.01.1970
 
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