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Der "Zeppelinbrief"

Artikel vom 05.11.2009 aus Sonstige Philatelistische Themen.

Philatelie und Kirche, ist das nicht langweilig? Mitnichten, an dem folgendem Exemplar eines Briefes möchte ich mal exemplarisch darstellen, wie vielschichtig ein noch so trockendes Thema sein kann.

Ganz nüchtern betrachtet, handelt es sich um ein wertloses "Verkauf"-Produkt der Philatelie, sprich ein "gemachtes" etwas das eigentlich keinen philatelistischen Wert hat. Trotzdem, oder vielleicht auch deswegen, erzählt gerade so ein Brief seine ganz eigene Geschichte.
Es handelt sich um einen Brief den man schnell als Zeppelinbrief bezeichnen mag.


Um das oben abgebildete Exemplar handelt es sich. Jeder ernsthafter Philatelist würde jetzt aufschreien und sagen: "Das ist niemals ein Zeppelinbrief!". Und recht hat er!

In der Losbeschreibung der Auktion, wo ich den Brief im Mai 2006 ersteigerte, wurde er als "Zeppelinfahrt" beschrieben, eine schöne Umschreibung. Es vermittelt den Eindruck eines Zeppelinbriefes, ist es aber nicht. Warum das so wichtig ist, kommen wir später hinzu. Vorerst ein paar Fakten.

Ein paar Fakten


Soweit zu den Rahmenbedingungen und philatelistischen Aspekten.
Nicht ganz unwichtig sei erwähnt, das als Adressaten die Firma Schwab in Hanau angegeben wird, sodass man davon ausgehen kann, das der Brief sogar echt gelaufen ist.



Was macht diesen Brief jetzt aber so erwähnenswert?

Weil er ein kommerzielles Produkt ist und man sich in diesem Fall "besondere" Mühe gegeben hat.


  Briefmarkensammler und Kommerz

Man kann sagen das Ende der 60er und Anfang der 70er das Briefmarkensammeln in Deutschland seine grösste Intensität erreichte. Millionen von Deutsche sammelten Briefmarken jeglicher Art und Form und grundsätzlich sammelte man alles was "besonders" war oder den Mythos von Raritäten entsprach. Dieses nutzten viele Firmen bis ganze Länder aus, um damit viel Geld zu verdienen.
Eine dieser Firmen ist die Firma Schwab aus Hanau von der dieser Beleg stammte. Das Besondere, die Firma Schwab besass einen echten Zeppelin.

Der "Zeppelinbrief"

Nun muss man Wissen, das Zeppeline aufgrund der Historie, und vorallem im Zusammenhang mit Briefmarkensammler, einen besonderen Ruf in der Philatelie besitzen. Der Grund hierfür ist, das die deutsche Reichspost bis 1939 nicht nur Post mit den Zeppelinen transportieren liessen, nein es gab sogar offizielle Stempel und Briefmarken für diese Beförderungsart, welche schon damals eine Rarität waren und heute immer noch sehr gesucht werden.
Dieses gilt natürlich in der Philatelie nur bis zum bitteren Ende mit der "Hindenburg" und dem Einstellen des Betriebes der "Graf Zeppelin" vor Beginn des zweiten Weltkrieges.

Das hinderte natürlich eine solche Firma wie Schwab nicht davon ab, Geld mit diesem Mythos zu verdienen. Sie nutzen ihren "Reklame-Zeppelin", ein Luftschiff das während des zweiten Weltkrieges als Ubootjäger in der US-Marine im Einsatz war, bei seinen Rund- und Reklameflügen als Transportmittel für Post. Dieser Transport hat keinen offiziellen Charakter und unterscheidet sich von einen Brief, den man zu Fuss zum Postamt bringt, nur dadurch, das dieser Weg mit einem Zeppelin gefahren wurde.

Nochmal zur Klärung. Bei einem Zeppelinbrief handelt es sich um einen, auf einer offiziellen Postroute mit einem offiziellen Transportmittelm (in dem Fall Zeppelin) transportierten Brief. Der oben gezeigte Brief erfüllt keine dieser Bedingungen und wurde richtigerweise in der Auktionsbeschreibung auch nicht Zeppelinbrief genannt, auch wenn er auf den ersten Blick den Eindruck vermittelt ein solcher zu sein, zum Beispiel durch den angebrachten Bordstempel.

Kleine Anmerkung zum Luftschiff noch. Nach diesem Einsatz für den Kirchentag wurde das Schiff in Freiburg für Rund- und Reklameflüge eingesetzt. Es wurde bald nach dem Freiburger Aufenthalt nach Japan verkauft und ging dort bei einem Unglück zu Grunde.

Kein Ersttagsbrief

Wie man anhand der Gestaltung des Umschlages erkennt, ist der Brief eigentlich ein Ersttagsbrief-Umschlag zu der oben rechts angebrachten Sondermarke. Der Ersttag der Briefmarke war der 21.6.1967, sprich, der erste Tag der Kirchentagsveranstaltung. Ob nun gewollt oder durch andere Dinge gewzungen, auf jedenfall wurden die Umschläge erst am 25.6. eingeliefert und somit musste wohl aus dem geplanten Ersttagsbrief eine "Sonderfahrt" gemacht werden, worauf die Überstempelung unten links hinweist.

Gefälligkeitsentwertung

Die beiden mir vorliegenden Exemplare deuten in der Summe darauf hin, das die Belege nicht durch die Post befördert wurde.

Lässt der Brief mit dem 30er Wert zum Kirchentag noch die Vermutung einer nachträglichen Postbeförderung aufgrund des korrekten Portos zu, zeigt der Brief mit dem Berliner 10er Wert klar, das es sich hierbei um eine Gefälligkeitsentwertung handeln muss.

Abschlussbemerkung

Wie man sieht, kann man ziemlich viel zu so einem Produkt schreiben. Ob sowas nun in eine Ausstellungssammlung gehört, sei dahin gestellt. Es lockert zumindestens jede Sammlung auf und für einen Preis von 1,50 Euro inklusive Versand- und Portokosten kann man nicht nichts verkehrt machen.

Quellen:



Kommentare

von Werner Hildebrand:
19.01.2011 15:06
Selbstverständlich wurden die Belege als Bordpost(Aktenpost) durch einen Kurier mit dem Blims-Luftschiff"Schwab" durch die Luft befördert-nur eben nicht auf dem offiziellen Postweg!!

Die Belege haben wohl einen philatelistischen Wert und werden u.a. in Ebay und auf LP-Auktion, hier bei einer Palmer-Auktion,angeboten:
www.aerophil.de/auktionen.html?catId=242&aucId=36

Dies ist kein"Zeppelin" Brief, da es sich bei dem Fahrzeug nicht um ein Starr-Luftschiff handelt, sondern um einen "Blimp", der ähnlich wie ein Ballon aufgebaut ist und mit Helium fliegt!
aus Wikipedia: : de.wikipedia.org/wiki/Prallluftschiff
von Coki:
19.01.2011 20:53
Hallo Werner

Danke für deine Anmerkungen (die ich mal zusammengeführt habe) und Korrekturen.

Meine persönliche Meinung zu solchen Belegen ist auch eher entspannt. Aber man sollte vorsichtig sein, wenn man ihnen einen besonderen philatelistischen Wert über die Marke / Entwertungsstempel hinaus zuordnen würde.

Gruss,

Coki
von Werner:
19.01.2011 22:36
Wenn man sich klar macht,dass die amtlichen Zeppelinpostbeförderungen vor allem der Finanzierung des Zeppelinbaus durch die Sammler(Markenausgaben!)deinten, ist ein philatelistischer Wert ,wenn auch wesentlich geringer, diesen Blimps-Flügen nicht abzusprechen! Sie haben jedenfalls ihren Sammlerkreis, im letzten Jahr gab es in Polen eine postamtliche Beförderung mit solch einem Blimp!
von Nachtrag:
19.01.2011 22:39
Der Handelswert dieser "Schwab"-Belege liegt übrigens im mittleren einstelligen Euro-Bereich, also etwas(!) über dem Wert der verwendeten Frankatur! -LOL-
von Coki:
21.01.2011 21:31
Da scheine ich ja mit meinem Artikel wohl einen offen liegenden Nerv getroffen zu haben.

Insbesondere nach dem ich den Forenbeitrag inzwischen gelesen habe, bin ich zur Überzeugung gelangt, das du nur einen bedingten Textverständnis mitbringst.

Mein Artikel hat drei Schwerpunkte:
1. Es dreht sich um einen Beleg zu einer Kirchentagssammlung.
2. Er wurde bei ebay als Zeppelinbeleg verkauft.
3. Er erweckt durch mehrere Aspekte den Anschein einer postalischen (bedarfsgerechten) Postbeförderung.

Da meien Aspekte nur bedingt für eine Zeppelinsammlung gelten mag, sei dahingestellt, ändert sich aber nix an meinen Aussagen aus der Sicht eines Kirchentagssammlers.

Gruss,
Coki

Ps: Für mich bleibt es bei einem Produkt der sogenannten "Kartonphilatelie". Das ist an Sicht nichts schlechtes.
von G.Hoffmann:
26.11.2011 15:38
Der mir vorliegende Brief trägt links unten noch den Eindruck: nach Rundfahrt der Post zur Beförderung übergeben.

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Erstversion vom 05.11.2009. Letzte Aktualisierung am 13.06.2010.