Hans Leyendecker
Hans Leyendecker (* 12. Mai 1949 in Brühl, Rheinland) ist ein deutscher Journalist. Er gilt als einer der profiliertesten investigativen Journalisten und deckte seit 1982 viele politische Affären in Deutschland und im Ausland auf, steht aber auch wegen seines fehlerhaften Beitrags zum GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen in der Kritik.
Leben
Nach dem Abitur machte er ein Volontariat beim Stader Tageblatt, bei dem er bereits als Auszubildender Leitartikel schreiben durfte. Anschließend war er freier Journalist im bayerischen Eichstätt.
Nach einem Geschichtsstudium war er Lokalredakteur, Nachrichtenredakteur und Reporter bei der Westfälischen Rundschau in Dortmund. 1979 wechselte er zum Nachrichtenmagazin Der Spiegel, zunächst als Landeskorrespondent für Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. 1994 wurde er einer der Büroleiter des Spiegel in Bonn und 1995 Kolumnist und Ressortleiter für besondere Aufgaben in Hamburg.
1982 deckte er mit der Titelgeschichte Wohin flossen die Flick-Millionen? den Parteispendenskandal um Hans Friderichs und Otto Graf Lambsdorff auf, die sogenannte Flick-Affäre. Er spezialisierte sich auf die Gebiete Innenpolitik und Geheimdienste, enthüllte Plutoniumschmuggel beim Bundesnachrichtendienst (BND), die Traumschiff-Affäre um Lothar Späth und die Steueraffäre um Peter Graf.
Im Juli 1997 wechselte er nach einer Auseinandersetzung mit Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust als Leitender Politischer Redakteur zur Süddeutschen Zeitung. Er wurde Leiter des Investigativressorts der Zeitung. Ende 1999 veröffentlichte er die CDU-Spendenaffäre um Bundeskanzler Helmut Kohl und Bestechungsversuche des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber. Seit 2000 beschäftigte er sich unter anderem mit Nebenverdiensten von Politikern, mit dem Fußball-Wettskandal, der Visa-Affäre im Auswärtigen Amt, Falschinformationen der US-Regierung vor dem Irak-Krieg, der VW-Korruptionsaffäre sowie der Libyen-Affäre.
Leyendecker gehört dem Beirat von Transparency International an. 2001 war er Gründungsmitglied der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche und ist seither deren zweiter Vorsitzender.
Im August 2009 trug seine Recherche dazu bei, dass die Machenschaften von Doris Heinze, der damaligen Chefin des NDR-Fernsehspiels, aufflogen. Im Verlauf der Drehbuch-Affäre wurde sichtbar, dass Heinze mit Hilfe erfundener Autoren-Identitäten über einige Jahre ein System der Selbstbegünstigung etabliert hatte.
2011 deckte Leyendecker auf, dass der Chef der Gauselmann-Gruppe ungefähr 20 Jahre lang verdeckt Parteispenden gezahlt hatte.
Im Herbst 2015 machte Leyendecker in einem Interview seine Überlegungen öffentlich, in den Ruhestand zu gehen. Für 2016 kündigte er seinen Rücktritt als Leiter des SZ-Investigativressorts an. Zum September 2016 trat Nicolas Richter seine Nachfolge an.
Im Mai 2017 wurde bekannt, dass der ehemalige Katholik Leyendecker Präsident des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages 2019 in Dortmund sein wird. Er tritt an die Stelle von Frank-Walter Steinmeier, der nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten für das Ehrenamt nicht mehr zur Verfügung steht.
Leyendecker ist verheiratet und hat fünf Kinder. Er lebt und arbeitet in Leichlingen im Bergischen Land.
Auszeichnungen
- 2000: Auszeichnung „Aufrechter Gang“ des Landesverbandes der Grünen Nordrhein-Westfalen
- 2001: Sonderpreis des Wächterpreises der deutschen Tagespresse, verliehen von der Stiftung "Freiheit der Presse" für Leistungen im Zusammenhang der Aufdeckung der CDU-Spendenaffäre
- 2002 zeichnete ihn die Vereinigung italienischer Journalisten mit dem Microfono-D´Argento-Preis aus.
- 2004 bekam er den von der SPD ausgelobten Gustav-Heinemann-Bürgerpreis.
- 2006: Erich-Fromm-Preis (gemeinsam mit Heribert Prantl)
- 2007 wurde Leyendecker zusammen mit Nicolas Richter mit dem Wächterpreis der Tagespresse für die Berichterstattung über das CIA-Opfer Khaled el-Masri ausgezeichnet.
- 2007 wurde Leyendecker zusammen mit Klaus Ott und Markus Balser für "Siemens-Schmiergeldskandal" in der Süddeutschen Zeitung mit dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnet.
- 2010 wurde Leyendecker zusammen mit Klaus Ott und Nicolas Richter für "Stoibers Erbe wird zum Alptraum" mit dem Helmut-Schmidt-Preis ausgezeichnet.
- 2010 wurde Leyendecker zusammen mit Martin Kotynek und Nicolas Richter der puk-Journalistenpreis für die Beiträge über den NDR-Drehbuchskandal verliehen.
- Im Jahr 2012 lehnte Leyendecker zusammen mit Klaus Ott und Nicolas Richter von der Süddeutschen Zeitung den ihnen zuerkannten Henri-Nannen-Preis ab, und zwar aus Protest gegen die zugleich vorgenommene Auszeichnung von Redakteuren der Bild-Zeitung (der Protest richtete sich ausdrücklich nicht gegen die Personen der Redakteure, sondern gegen den "Tabubruch", dass erstmals eine Boulevardzeitung ausgezeichnet wurde).
- 2015 wurde Leyendecker vom Medium Magazin mit dem Preis Journalist des Jahres für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
- 2017 wurde Leyendecker mit dem Ehren-Leuchtturm des Netzwerks Recherche ausgezeichnet.
- 2017 bekam Leyendecker den Ehrenpreis des Verbandes Freier Berufe.
Quellen
Kommentare
Bisher noch keine Kommentare.