William H. Keith Jr.

Legion Team



"Späher zwo...Gefahr aus sechs Uhr"
Die Worte lösten erst einen Schauer der Angst und dann ihre Aktion aus. Tracy Maxwell Kent zwang ihren Phönix Hawk in eine hockende Stellung, von der aus er jederzeit in den Himmel aufsteigen konnte.
"Bestätigt, Zwo". Die Stimme erklang klar, mit schneidendem Befehlston, im Kopfhörer ihres Helmes. "Ausbrechen und abrollen!"
Sie brach den Ladevorgang der Sprungdüsen ihres Mechs ab. Raketenexplosionen erschütterten den Boden unter den Füßen ihres Phönix Hawks, als sie ihren Mech aus der Hocke in eine unbeholfene Rolle über die Seite nach vorne warf. Ein kurzzeitiges Statikrauschen aus der Funkanlage zeigte ihr, dass ein Strahl hochenergetischer Partikel wenige Meter über ihren Kopf hinwegging, Geröll spritzte unter ihrer Kampfmaschine hervor, als sie den Mech herumriss und den Abhang eines Erdrutsches auf der Seite liegend teilweise herunterrutschte, während der gewaltige Harmon-Laser in der rechten Hand ihres Mech ein Ziel suchte. Computergenerierte Symbole huschten über das HUD, während sie sich bemühte, ein Ziel zu erfassen. Nichts....
"Danke, wer immer du auch sein magst", sagte Tracy leise in das in die Kinnhalterung ihres Neurohelms eingebaute Mikrophon. "Wo sind sie?"
"Oberhalb des Hanges, von Ihnen aus rechts", sagte die Stimme. "Entfernung ein-zwanzig ... drei-null Grad erhöht. Sie sind in dieser Halde von Gesteinsbrocken."
Während Tracy den Kopf ihres Hawks drehte, umrandete Computergrafik jedes Element der Landschaft, das an ihre Cockpit-Frontscheibe vorbeizog. Von ihrer Position aus hangaufwärts konnte sie die Geröllhalde sehen, ein Ansammlung von uralten Gletscherablagerungen, einige von der Größe eines kleinen Hauses.
Es gab ein Klicken und Rauschen in ihrem Kopfhörer als ihr Wohltäter auf die allgemeine Kommandofrequenz umschaltete. "Skull Leader an alle Skulls", setzte die Stimme auf Kanal eins fort. "Wir haben hier bei Castle Sieben-Bravo ein paar Bogies, die Verstecken mit uns spielen. Späher zwo, halten sie Ihre Position. Gefechtslanze und der Rest der Aufklärung, schließt auf...Beeilung! Kommandolanze, folgt mir. Bewegung!"
Skull Leader! Erst jetzt begriff Tracy, dass die Stimme in ihrem Kopfhörer die Stimme des Alten persönlich gewesen war,... Colonel Grayson Carlyle. In dem plötzlichen Schock des Hinterhaltes hatte sie ihn nicht erkannt. Wie die meisten der neueren Mitglieder der Gray Death-Söldnerlegion begegnete sie dem jungen Kommandeur beinahe mit Ehrfurcht. Der Colonel musste eine Bewegung zwischen den Steinblöcken gesehen und begriffen haben, dass derjenige, der dort im Hinterhalt lag, den leicht gepanzerten Rücken ihres Mechs ins Visier nahm. Der Feind war so schlau gewesen, eine Salve Raketen auszulösen, während er mit seiner PPK unmittelbar über ihren Kopf zielte. Instinktiv hätte sie ihre Sprungdüsen gezündet und das hätte sie direkt in den Strahl der Partikelkanone befördert. Der Colonel hat mich beobachtet, dachte sie ein wenig aufgeregt. Er könne gerade mein Leben gerettet haben.
Wo war er denn überhaupt? Sie überprüfte den Monitor mit der taktischen Lageübersicht auf ihrem Kontrollpult und entdeckte die sich bewegenden grünen Ortungsreflexe auf der leuchtenden Konturkarte des Schirmes. Es sah so aus, als würde der Colonel und seine Lanzenkameraden versuchen, die Angreifer einzukreisen, um ein freies Schussfeld von den höher gelegenen Hängen jenseits der Felsen zu bekommen. Der Rest der Kompanie lag weit zurück; verteilt über den schmalen Pfad, der sich durch die Berge wand. Es würden einige lange, lange Minuten vergehen, bis sie zur Hilfe eilen können.
Ihr Mech war nun teilweise im Geröll verborgen. Tracy hievte den Torso der Maschine vorsichtig höher, spähte erst mit ihren Augen durch die Frontscheibe und dann mit Hilfe der elektronischen Sinne der Scanner ihres Mech. Die elektronische Bilderfassung war genauer als die des menschliche Auges, dafür aber auch leichter durch ECM-Störsignale und Täuschmittel in die Irre zu führen. Trotzdem...noch immer nichts....
Dann fiel ihr etwas links von den Felsbrocken ins Auge, vielleicht Sonnenlicht, das auf der schräggestellten Kante einer Panzerungsplatte glänzte. Im nächsten Moment flammte weißes Licht auf, angesengte Steine und Kies stoben vor der Frontscheibe auf, als die PPK von der Menschenhand geschaffene Blitze in die Richtung des ungedeckten Kopfes ihres Mechs verschoss. Heiße Gesteinsbrocken prasselten wie Schrapnell gegen die Panzerung ihres Phönix Hawks, als sie auswich und nach hinten taumelte. Das lose Gestein unter den Füßen ihres Mech gab nach und sie rutschte auf dem Bauch, mit den Füßen voran, in einer Lawine aus polternden Steinen und wogendem Staub den Abhang hinunter.
Der Ruck, mit dem sie schließlich landete, ließ trotz der Helmpolsterung und der Sitzgurte Tracys Zähne aufeinanderschlagen. Verdammt! Jetzt ist die neue Lackierung dahin...
Ihr Mech, auf den Namen Dutiful Daughter getauft, war gerade erst überholt, poliert und mit Tarnflecken in gelben und braunen Tönen bemalt worden, die ihn in die öde Landschaft von Shionoha einfügen sollten. Die Rutschpartie auf dem Kies musste den Torso der Daughter bis auf das graue Metall abgescheuert haben.
Sie war wieder hochgekommen und in Bewegung, zirkelte nach links und erklomm den Hang ein weiteres Mal. Sie wollte nicht noch einmal an derselben Stelle auftauchen. Mit etwas Glück würde der feindliche Heckenschütze annehmen, er hätte einen Volltreffer in das Cockpit ihres Phönix Hawks erzielt.
"Skull Leader an alle Skulls", bellte Graysons Stimme. "Sie haben uns gesehen, Jungs! Passt auf!" Statik fauchte, als PPK-Strahlen die Luft ionisierten und die Radiowellen ablenkten. Die Explosionen in der Nähe sprachen von verirrten Raketen, von Felsen, die von Sprengkörpern zertrümmert wurden.
Auf ihrem Taktikschirm stoben vier grüne Reflexe zwischen dem Spaghettigewirr der Konturlinien, die das Geröllfeld markierten, auseinander. Die feindlichen Mechs waren nicht sichtbar, würden unsichtbar bleiben, bis einer ihrer eigenen Mechs eine klare Peilung von ihnen erhalten würde und deren Positionen über das taktische Computernetz übermittelte. Aber durch die Manöver von Carlyles Mech und die der wurde deutlich, dass sie unter Beschuss standen.
Denk mal scharf nach, Mädchen, ermahnte sich Tracy, ihre dunklen Augen verengten sich in Konzentration hinter dem Visier ihres Neurohelms. Der Heckenschütze muss angenommen haben, dass du tot bist, und ist dann auf die nahegelegene Seite des Felsblocks herumgeschwenkt, um sich der näher kommenden Kommandolanze entgegenzustellen.
In ihren Gedanken erschien die Situation immer deutlicher. Der getarnte Feind musste auf sie in einem sicheren Hinterhalt zwischen den Felsblöcken gewartet haben. Er hatte den Rest der Aufklärungslanze wahrscheinlich noch nicht entdeckt, da er hinter Tracy noch keinen anderen Mech der Gray Death Legion gesehen hatte. Sie hatte die Vorhut gebildet, während sich die Legion ihren Weg durch die kahlen, zerklüfteten Hügel bahnte. Nachdem der Feind sie umgestoßen hatte, musste er eingesehen haben, dass er flankiert war, und schwenkte herum, um die Gray Death-Kommandolanze anzugreifen. Jetzt würde der Feind über ihr sein, auf ihrer Seite des Felsens in Deckung, also mit den Rücken zu ihr.
Was bedeutete, dass es ihr möglich sein sollte, ihn zu überraschen.
Wie viele Mechs mochten es sein? Sie hatte nur einen kurz zu Gesicht bekommen. Die Tatsache, dass sie sowohl von einer PPK als auch von Raketen unter Beschuss genommen worden war, engte das Feld möglicher Gegner bereits ein. Es gab nicht so viele BattleMechs, die mit einer Partikelkanone und Raketenwerfern ausgerüstet waren. Möglicherweise ein Panther........
Sie nickte, um sich den Gedanken zu bestätigen. Ja, höchstwahrscheinlich ein 35-Tonnen-Panther. Der wurde von Haus Kurita bevorzugt. Außerdem würden die bösen Jungs nicht gerade so Großes und Teures wie einen Battlemaster als Scharfschütze für die Nachhut in dieser Wildnis einteilen. In ihren Gedanken war der Feind bereits einem "sie" zu einem "er" übergegangen. Unter der Vorraussetzung, dass dort oben nur ein Mech stand, war es wahrscheinlich ein Panther. Sie sollte keine Probleme damit haben, ihn mit ihrem 45-Tonnen -Phönix Hawk in einer Eins-zu-eins-Situation zu stellen.
Besonders, wenn das Überraschungsmoment auf ihrer Seite war.
Tracy schob die Dutiful Daughter ein Stück den losen Abhang hinauf, ging in die Hocke und zündete dann die Sprungdüsen des Mech. Weißglühendes Plasma kreischte aus den Zwillingsöffnungen unter den Düsen ihrer Maschine, als der Mech sich aufrichtete und gen Himmel stieg. Die Kieshalde huschte an ihrer Frontscheibe vorbei, und dann sank der Hawk auf brüllenden Flammensäulen wieder herab, ließ Geröll aufspritzen und wirbelte eine frische Staubwolke auf. Ihr Mech ging leicht in die Knie, um den Schock der Landung abzufangen, während der schwere Harmon-Laser herumschwang, um einen kaum gegen den größten Felsen in hundert Metern Entfernung auszumachenden Umriss anzuvisieren. Schon bevor ihr ID-Computer die Bezeichnung des Zieles und dessen Tonnage anzeigen konnte, erkannte sie den feindlichen Mech.
Ein Griffen! Sie hatte die Griffens vergessen! Zehn Tonnen schwerer als ihr eigener BattleMech, hielt er eine Fusigon-PPK wie ein Gewehr in seinen gewaltigen Fäusten, und auf seiner rechten Schulter trug er einen plumpen röhrenförmigen LSR-Werfer; ein unbeschädigter Griffen war mehr als nur eine Herausforderung für ihre eigene Maschine. Die Überraschung war auch nicht so vollständig, wie sie es sich erhofft hatte, da der Griffen sich bereits herumdrehte, um seine PPK in Anschlag zu bringen.
Tracy verkniff sich einen Fluch und löste den schweren Laser aus. Gebündeltes Licht stieß in die rechte Seite des schweren Mech und verursachte eine schwarze Spur versengter Farbe und halb geschmolzenen Metalls. Einen Augenblick später spuckte die feindliche PPK ein Blitzgewitter. Der Einschlag erwischte die Dutiful Daughter voll in die Brust und ließ sie nach hinten stolpern. Während Tracy darum kämpfte, ihren Mech davor zu bewahren, hintenüber zu fallen, sprang die elektrische Energie des Strahles von ihrem Mech auf den Boden um sie herum in gezackten Bahnen über. Für einen Moment spielten die Instrumente verrückt, während die Ladungsverteiler mit der massiven Überladung rangen.
Dann konnte sie sich wieder bewegen, und während sie sich nach rechts abdrehte, gab sie einen hastigen Schuss aus ihrem schweren Laser ab, der Gestein schmolz und den Griffen zwang, aus der Schusslinie zu weichen.
"Skull Leader!" rief sie, ihre Stimme steif von Aufregung und Angst. "Ich bin wieder im Gefecht! Feindlicher Griffen hinter dem großen Felsen!"
"Gehen Sie zurück", erwiderte Carlyles Stimme. "Ziehen Sie sich zurück und gehen Sie in Deckung! Wir haben hier oben all Hände voll zu tun!"
Ein rascher Blick auf ihr Taktikdisplay zeigte ihr die Lage. Es hatte mehr als einen Heckenschützen gegeben. Vier rote Markierungen bewegten sich jetzt zwischen den Felsen, umgeben von dem spärlich gewobenen Netz aus Grün. Drei weitere feindliche Mechs zwischen den Gesteinsblöcken weiter oben am Abhang stellten sich der Kommanolanze des Colonels gegenüber, während er versuchte, sich den Hügel hinunterzubewegen. Hinter ihr eilten die Mechs der Gray Death-Gefechtslanze mit dem Rest er Aufklärungslanze vorwärts, aber immer noch zu weit entfernt... viel zu weit....
Ein neuer Strahl der PPK verbrannte die Luft dicht neben der Dutiful Daughter. Sie erwiderte das Feuer und der Schuss bohrte sich tief in die Panzerung oberhalb des rechten Knies des feindlichen Griffens. Der Befehl des Colonels zum Rückzug ging unter in er Woge ihres eigenen brennenden Verlangens zurückzuschlagen. Sie Schoss wieder, wendete, feuerte ein weiteres Mal. Der nächste Schuss des Griffens traf nur Luft, verkohlte aber die Farbe auf dem linken Oberarm ihres Mech.
Tracy wusste, dass das Duell nicht lange weitergehen konnte. Obwohl der Griffen nur wenig mehr Panzerung trug als der Phönix Hawk, war seine Hauptbewaffnung schwere; fähig; mit jedem Schuss mehr Schaden an der Panzerung und an den empfindlichen internen Verbindungen anzurichten als ihr Laser. Die Dutiful Daughter besaß außerdem noch ein Paar mittelschwere Laser, die jeweils links und rechts gemeinsam mit einem schweren Maschinengewehr im Waffengehäuse eines jeden Armes montiert waren. Sie traute sich nicht, sie zur gleichen Zeit wie ihren schweren Laser abzufeuern, aus Angst, es könnte zuviel Wärme aufgebaut werden.
Der Griffen besaß nur seine PPK und den Langstreckenraketenwerfer. Obwohl er mit seinen Raketen auf diese kurze Entfernung nicht viel ausrichten konnte, würde die PPK mehr als ausreichen, um die Dutiful Daughter in einen Haufen halb geschmolzenen Schrottes zu verwandeln.
Ein Strahl traf sie und beschädigte den linken Arm ihres Mechs. Rote Lichter flackerten quer über ihre Konsole, warnten sie vor Energieverlust in ihrem rechten Laser und vor einer Ladehemmung im dazugehörigen Maschinengewehr. Ihre Erwiderung verfehlte ihr Ziel.
Jetzt musste sie etwas unternehmen!
Eine Idee meldete sich zwischen den Explosionen, während die Raketensalve des Griffens um sie herum einschlug. Der Schlüssel zu diesem Duell waren die Reichweiten. Keine der Waffen des Griffens war auf extrem kurze Distanz so effektiv wie ihre Laser. Wenn es ihr gelingen würde, die Entfernung schlagartig zu überbrücken und trotzdem außerhalb der Reichweite dieser gewaltigen metallvernichtenden Hände zu bleiben, konnte sie noch eine Chance haben.
Tracy schätzte den Winkel mit einem Blick ab und zündete dann ihre Sprungdüsen zum zweiten Mal. Der Schub ließ sie dicht über den Boden segeln und brachte sie unter lautem Getöse, keine 50 Meter vom feindlichen Mech entfernt, Mech entfernt, auf den Boden. Der schwarze Kurita-Drache auf dem rotem Grund war nun deutlich sichtbar. Er prangte hoch oben auf der Brust des Gegners und auf den Abwehrschilden, die über den beiden Schultern aufragten. Sie konnte auch das Abzeichen der Einheit ausmachen: einen Sternenschweif vor einer goldenen untergehenden Sonne. 2.Dieron-Regiment, dachte sie. Sie nennen sich selbst Der Stolz Shionohas....
Kurita-Bastarde, jeder einzelne von ihnen...
Der Laser war bereits im Anschlag und feuerte, während sie die Landung abfing. Das Laserfeuer erzielte Treffer auf einem Arm und dem Torso des Gegners; gierig leckte es nach dem Emblem des Hauses Kurita, das sie als Zielscheibe benutzte. Der Griffen brachte seine PPK herum und feuerte, aber die kurze Entfernung war zu klein, der Abstrahlwinkel zu schwierig. Tracy duckte sich, brachte ihre Maschine zwischen den Fels und den Kurita-Mech. Der Kiesabhang, den sie vorhin heruntergestürzt war, befand sich hinter den Füßen des größeren Mechs.
Eine erneute Serie von Raketen löste sich aus dem Schulterwerfer des Griffens, und eine schlug in den bereits angeschlagenen linken Arm er Dutiful Daughter ein Alle Vorsicht außer acht lassend, begann Tracy Schüsse aus dem schweren Laser in ihrer Hand und dem mittelschweren Laser in dem Gehäuse ihres rechten Armes abzugeben. Ein Alarm schrillte in ihren Ohren, als der Wärmestau in ihrem Mech drohte, die Dutiful Daughter abzuschalten, aber sie hieb auf den Vetoschalter und fuhr fort, ein wütendes Sperrfeuer aufrechtzuerhalten. Ein Treffer! Und Noch einer! In ihrem Cockpit stieg die Temperatur. Tracy war in Schweiß gebadet, ihre Haut glänzte dort, wo ihre knappe Kleidung sie nicht verhüllte. Sie konnte die Belastung des Kabinenkühlsystems ihres Mech hören, als sich die Einheit schwankend bemühte, die Temperatur innerhalb des Cockpits in erträglichen Grenzen zu halten und die Kühlflüssigkeit weiterhin durch die Weste, die sie über ihrem Oberkörper trug, fließen zu lassen.
Ein PPK-Strahl traf auf ihren Hawk und riss sie zur Seite, aber sie feuerte weiter, während sich Krater aus geschmolzenem Material auf der Brust und den Schultern des Griffens auftaten. Sie änderte ihre Taktik und lenkte ihr Feuer abwärts, um auf die Füße des Griffens zu zielen. Der Kurita-Pilot machte einen Schritt nach hinten und verschwand aus ihrem Blickfeld, als er Rand der Kieshalde nachgab und er den Hang mit dem Getöse und Staub einer einstürzenden Kesselfabrik hinunterrutschte.
Tracy drängte en Mech in einem schwerfälligem Lauf nach vorne. Da sie das Terrain am Fuße der Halde bereits ausgekundschaftet hatte, wusste sie, was sie erwartete, wo der Feind liegen musste. Sie erwischte den Kurita-Mech, bevor sich der Staub gelegt hatte, bevor er Pilot die Gelegenheit hatte, ihn wieder auf die Füße zu bringen. Sie erzielte einen Treffer direkt auf der Brust des Mechs...und einen weiteren. Ihr mittelschwerer Laser brannte sich durch die interne Verkabelung und gebündelte Stränge aus Polyacetylen-Myomer. Schmieriger Rauch quoll aus dem Lasereinschuß, als der Griffen sich wankend aufrichtete.
Ein erneuter Alarm ertönte über Tracys Kopfhörer, schriller und drängender. Sie ignorierte ihn, konzentrierte sich auf den Griffen im Fadenkreuz des Projektion ihres HUD. Ihr Daumen drückte auf den Auslöser des schweren Lasers, aber nichts passierte. Tot! Alle ihre Kontrollen waren tot! Das HUD flackerte und ging aus, die Kabinenbeleuchtung verdunkelte sich, sogar das Summen des Kabinenkühlsystems schwand mit einem klagenden Senken der Tonlage dahin. Ihre Blicke glitten voller Hast von einer Konsolenanzeige zur nächsten. Die Wärme war zuviel gewesen. Die Dutiful Daughter war dabei, sich abzuschalten.
Der Griffen stand weiterhin im Schussfeld ihres erhobenen Lasers, aber sie war unfähig zu feuern, sich zu bewegen, überhaupt irgend etwas zu unternehmen. Alles, was der Pilot des Griffens zu tun brauchte, war, seine PPK in Anschlag zu bringen und sie auszulösen. Es war unwahrscheinlich, dass die Daughter einen weiteren direkten Treffer überleben würde.
Die Blitze der Explosivbolzen am gepanzerten Kopf des Griffens kamen für sie überraschend. Wie durch Magie, so schien es, öffnete sich der Kopf des Kurita-Mechs; gekrümmte Panzerplatten fielen vom beengten und raucherfüllten Cockpit. Ein zweites Aufflackern hüllte das Innere des Cockpits in orangene Flammen und der Kurita-Pilot schoss in die Höhe, als sein Schleudersitz ausgelöst wurde. Sie sah ungläubig zu, wie der Schleudersitz auf kleienn, aber wütenden Flammen abbremste und im Staub landete. Rauch strömte weiterhin aus der aufgebrochenen Panzerung ihres einstigen Gegners.
Sie hatte gesiegt!
"Tracy! Sind Sie in Ordnung?" Carlyles Stimme klang gebrochen vor Sorge und Erschöpfung.
"Bestens, Colonel! Die Daughter hat sich abgeschaltet, aber ich habe den Griffen erledigt."
Ein Schatten fiel über ihre Frontscheibe, und Tracy wurde der klobigen Gestalt gewahr, die sich zur Rechten ihres Mech befand. Sie öffnete die Deckenluke der Dutiful Daughter, nahm ihren Neurohelm ab und musste husten, als kalte Luft durch die Öffnung in das Cockpit hereinströmte. Es war eisig in den Bergen südlich der Hauptstadt Shionohas; der Wind trug die beißende Kälte der höher gelegenen Gletscher von Tsintao hier herunter. Sie zwängte sich aufrecht in die Luke und sah Carlyles 75-Tonnen-Marauder einige Meter entfernt stehen. Hinter ihr suchten sich die anderen Mechs der Kommandolanze - Kalmars Shadow Hawk, Clays Wolverine und McCalls Rifleman - ihren Weg hinunter durch das Geröllfeld. Jenseits der Felsen durchschnitt öliger Rauch die Luft; dort brannte mindestens ein weiterer bezwungener Mech.
"O.K., Leute", Carlyles Stimme erklang über ihren Kabinenlautsprecher. "Schließt auf. Wir haben vor Einbruch der Dunkelheit noch einen langen Weg vor uns."

Das Camp wurde an diesem Abend im Vorgebirge des Tsintao-Massivs in einem geschützten Kreis aus felsigen Gletscherablagerungen aufgeschlagen. Es bot in der Nacht den Schutz einer natürlichen Festungsanlage gegen die umherziehenden Kurita-Mechs und war eine geeignete Bühne für die Vorbereitungen des Schlages gegen den feindlichen Raumhafen am nächsten Morgen. Acht Mechs der A-Kompanie waren am Rande des Lagers abgestellt worden, ihre Waffen waren auf die grauen Schatten und die Schwärze des umliegenden Geländes gerichtet. Die Maschinen der Kommandolanze nahmen den Mittelpunkt in der Nähe des Zeltes des Colonels ein. Dahinter, gen Süden, erhob sich die gezackte Silhouette der Tsintao-Berge gegen den sternenübersäten Himmel.
Tracy erhielt den Befehl, sich beim Colonel zu melden, noch bevor sie den letzten Systemscheck der Dutiful Daughter beendet hatte. Außer dem zerschossenen linken Arms waren die Schäden nicht schlimm und ihr geschultes Tech-Auge sagte ihr, dass es in einer anständig ausgestatteten Instandsetzungsanlage nur einige Stunden dauern würde, um den Armlaser zu reparieren. Ihre Befürchtungen bezüglich des Lacks waren berechtigt gewesen, aber das würde ebenfalls sehr einfach zu beheben sein. Wenn die gewesen, aber das würde ebenfalls sehr einfach zu beheben sein. Wenn die Daughter zur Überholung gebracht wurde, würde sie eine neue Schicht Farbe bekommen. Tracy freute sich bereits auf diese Aufgabe, denn es würde ihr die Gelegenheit geben, die Silhouette eines Griffens auf die Hülle zu malen, als Erinnerung an den heutigen Abschuss.
Alles in allem war sie sehr zufrieden mit sich, als sie die Dutiful Daughter abschaltete und sich in der Dunkelheit in die Richtung von Carlyles Zelt aufmachte.

"MechKrieger Tracy Kent meldet sich wie befohlen, Colonel."
Ihr Gruß war präzise und korrekt. Obwohl sich die Legion nicht viel aus dieser militärischen Zuschaustellung machte, war sie immer noch den Angewohnheiten ihres früheren Trainings verfallen. Das eingefleischte Ritual half ihr, sicher und ruhig aufzutreten.
Carlyle betrachtete sie eine lange Zeit, und Tracy fühlte sich immer unwohler unter seinen starren Blicken. Er saß zurückgelehnt auf seinem Feldstuhl hinter einem Klapptisch, auf dem sich Berge von Statistiken und Karten der gegen stapelten, und musterte sie konzentriert, was sie nervös machte.
Wenn sie sich nur Zeit genommen hätte, sich etwas anderes anzuziehen als die knappen Shorts, Stiefel und die abgerissene Kühlweste, die sie an Bord der Daughter getragen hatte. Sie wusste, wie sie sich attraktiv machen konnte, aber im Moment war ihre Haut gestreift und befleckt mit einander abwechselnden Schichten aus schweißverklebtem Dreck und Schmiere, ihr Haar klebte in ihrem Gesicht und hing in ungekämmten, schmutzigen Strähnen nach unten. Sie kreuzte die Arme unsicher vor ihre Brust und wartete. Was ging dem Colonel bloß durch den Kopf?
"Sie sind von den Blackguards zu uns gekommen.", sagte er schließlich endlich.
"Ja, Sir." Er kannte die Liste der Einsätze, an denen sie teilgenommen hatte, genauso gut wie sie. Wo war das Problem?.
"Und ... ich glaube, Sie haben Ihren Bruder verloren."
Er sprach sanft, beinahe zögernd, aber die Worte schmerzten trotzdem.
"Ja ... Sir." Die Worte kamen abgehackt und bissig. Sie war entschlossen, ihre Emotionen nicht zu zeigen.
"Also haben Sie es auf die Kuritas abgesehen."
Diese Bastarde!, dachte sie wütend, aber laut sagte sie nur: "Warum erzählen Sie mir das, Colonel?"
Auch Carlyle verschränkte die Arme. "Wir hatten heute ein Problem, Sie und ich."
"Sir?"
"Ich habe Ihnen befohlen, sich zurückzuziehen ... nicht, sich dem Griffen im Zweikampf zu stellen. Sie blieben dort und haben sich durchgeprügelt."
Sie wunderte sich einen Augenblick, warum er damit bis jetzt gewartet hatte, anstatt es gleich nach er Schlacht vorzubringen. Dann erkannte sie, dass er absichtlich damit gewartet haben musste, um mit ihr abseits des Restes der Kompanie sprechen zu können. Sie war dankbar für die Rücksicht, entschied sich dann aber, dass er sich ihr gegenüber herablassend verheilt. Und das war eine Sache, die sich Tracy Kent von niemanden gefallen ließ.
Sie riss den Kopf nach hinten. "Ich habe gewonnen."
"Schwachsinn!" Carlyle brüllte es heraus, und Tracy wich überrascht einen Schritt zurück. Der Colonel stand von seinem Stuhl auf und lehnte sich nach vorne, die Hände auf dem Rand des Kartentisches gestützt. Als er wieder sprach, war seine Stimme ruhig, aber voller Kraft. "Ihr Schrotthaufen war durch bis zur Verkabelung. Die einzige verdammte Tatsache, die Ihre Haut gerettet hat, war, dass der Pilot der Griffens nicht wissen konnte, dass sich Ihre Kiste herunterfuhr! Er nahm an, Sie wären kurz davor, ihm noch eine zu verpassen, und sprang ab. Wenn er nur noch einen weiteren Schuss ausgeharrt hätte, wären Sie mehr als nur aus dem Rennen gewesen. Sie wären jetzt tot!"
"Aber er ist ausgestiegen..."
"Wollen Sie mir erzählen, Sie haben sich auf Ihr Glück verlassen?"
"Nein, Sir. Ich meine..." Sie hielt verwirrt inne. Grayson Carlyle war im gesamten Lyranischen Commonwealth für sein Glück bekannt... und für das Glück seiner Söldnereinheit. "Machen Sie das denn nicht? Sich auf Ihr Glück verlassen, meine ich?"
"Gott steh mir bei, nein! Ich benutze es, wenn es sich ergibt, aber ich denke auch immer daran, dass es außer Glücksfällen auch Unglücksfälle gibt. Wenn man in diesem Geschäft überleben will, lernt man, nicht auf fünfzig - fünfzig - Chancen zu setzen. Man kann das nur kurze Zeit machen, bevor einen die Wahrscheinlichkeiten einholen."
"Ja, Sir." Tracy sprach steif, ohne Gefühl. Sie war in der Erwartung einer Belobigung in dieses Zelt gekommen, und statt dessen erhielt sie eine Strafpredigt!
Der Colonel las ihre Stimmung und runzelte die Stirn. "Sie sind auf Helm zu uns gekommen", sagte er.
"Ja, Sir. Ihr Beauftragter hat mich auf Galatea rekrutiert."
"Sie führen seit... wie vielen? ... seit zwei Jahren Mechs?"
"So in etwa."
Es war eine lange und komplizierte Geschichte, auf jeden Fall war sie sich sicher, dass Carlyle bereits ihre Akte kannte.
Tracy Maxwell Kent war am anderen Ende der Inneren Sphäre, auf der Welt New Avalon, geboren worden, dem Herzen und Zentrum es weitläufigen Reichs der Vereinigten Sonnen des Hauses Davion. Ihr Vater war Lord Rodney Howard Kent, ihr Bruder Captain Sir Roderick Fitzroy Kent und sie war die umsorgte Tochter einer der reicheren Adelsfamilien der Vereinigten Sonnen gewesen.
Der Tod ihres Bruders hatte sie am Boden zerstört. Sie und Fitz hatten sich immer nahegestanden, und die Nachricht, dass ihr Bruder bei der Verteidigung eines namenlosen Hügels auf einer Welt der Mark Draconis gefallen war, hatte sie nachdenklich und deprimiert zurückgelassen. Ihre Entscheidung, der Militärakademie auf New Avalon beizutreten, hatte die endgültige Trennung zwischen ihr und ihrer Familie bedeutet. Besonders nachdem ihr Vater seine Position dazu benutzt hatte, um sie aus der Akademie hinauswerfen zu lassen.
Es hätte das Ende ihrer Karriere als MechKrieger sein sollen, aber Tracy Kent war eine ungewöhnlich sture und entschlossene Dame. Anstatt zum Anwesen ihrer Familie zurückzukehren, trat sie der Front-Infanterie als Rekrut bei und erlernte dann selbstständig alles Nötige, um ein Tech zu werden. Bald hatte sie sich bei den Balckguards zu einem Tech-Sergeanten hochgearbeitet, um schließlich die Möglichkeiten zu erhalten, einen eigenen Mech zu führen zu dürfen.
Sie hatte auf Cassias gekämpft und überlebt, die Blackguards als Einheit nicht. Nach dem Blutbad auf dieser Welt aus dem Dienst entlassen, driftete sie von Welt zu Welt mit der Dutiful Daughter, ihrem geliebten Phönix Hawk, bis sie nach Galatea kam und bei der Gray Death Legion als Rekrut einstieg. Die Hoffnung, sie würde eine Chance bekommen, einige Kurita-MechKrieger zu töten, wurde enttäuscht, als ihr erster Kampf für die Legion gegen Marik-Streitkräfte ging; auf Helm.
Die Dinge schienen aber nach dem heutigen Kampf besser zu stehen. Das hieß, bis eben.
"Ein MechKrieger kann sich nicht auf sein Glück verlassen", sagte Carlyle langsam. "Worauf er sich verlässt, sind Beständigkeit und das Training und die Disziplin seiner Lanzenkameraden."
"Ja, Sir."
"Sie bildeten heute Nachmittag die Vorhut. Sie schreckten den Hinterhalt auf. Sie haben gut gekämpft. Aber..." Das Wort hing für einen Moment in der Luft .. ein Tadel. "Sie haben nicht mit dem Rest von uns zusammengearbeitet. Ich habe Ihnen einen Befehl gegeben, und Sie haben ihn missachtet. Sie haben sich entschieden, es auf eigene Faust auszufechten, und haben er Legion beinahe einen teuren und nur schwer zu ersetzenden mittelschweren Mech gekostet." Dann lächelte er unerwartet. "Sie haben sich auch beinahe töten lassen, junge Dame ... und das wäre nicht in Ordnung."
Er schaute sie auffordernd an, als würde er auf eine Erwiderung warten. Beinahe hätte sie ihren Mund aufgemacht, um zu protestieren, um zu erklären, dass sie getan hatte, was sie für das Beste hielt, das die Situation zu der Zeit...
"Ja ich verstehe, Sir. Es wird nicht noch einmal passieren."
"Gut. Weil ich mich auf Sie verlasse."
"Colonel?"
"Jeder von uns muss sich auf den anderen verlassen, Tracy. Wir müssen, oder wir werden eines Tages auf jemanden treffen, der größer und härter ist als wir... und es wird alles aus sein. Entweder arbeiten wir als Team zusammen, oder wir sterben als Meute. Es gibt keine andere Alternativen."
"Ja, Sir."
"Dann ist dies alles, was darüber gesagt werden muss. Nun ... Sie begeben sich besser zur Ruhe. Ich werde Sie morgen für eine besondere Aufgabe benötigen. Ich will Sie ausgeruht wissen. Wegtreten."

Tracy konnte nicht anders, als sich zu fragen, ob diese "besondere Aufgabe" eine Bestrafung für ihr Handeln am Vortag war. Es war schön und gut, vom Colonel darüber belehrt zu werden, dass sie ein Teil des Teams war, aber dann trennte er sie zugleich von der Hauptstreitmacht er Einheit, um ihr eine an den Haaren herbeigezogene Arbeit aufzuerlegen, weit entfernt von dem eigentlichen Geschehen.
Shionoha war eine ungastliche Welt, ein Planet der zerklüfteten Berge und frostigen, schotterbedeckten Plateaus, mit kontinentgroßen Gletschern und kleinen, vom Land eingeschlossenen Meeren, die salzig, eiskalt und so grau wie der Himmel waren. Der Planet verdankte seinen Namen seltsamerweise den terranisch-japanischen Kolonisten, die damals die erste Sielung in der Nähe der Shionohara, der Salzebene, die das trockene, mineralverkrustete Becken eines lange verschwundenen Ozeans markierte, gegründet hatte.
Trotz des Namens des Planeten bestand das Terrain größtenteils aus Gebirgszügen. Kompanie A hatte eine gefechtsmäßige Landung in der Shionohara-Ebene vollzogen und ein Gebiet gesichert, wo die Landungsschiffe der Legion aufsetzen und die restlichen Männer und Maschinen der Einheit ausspucken konnten. Ihr primäres Ziel war Kaigun, in der Nähe der ersten Siedlung auf dieser Welt gelegen., 300 Kilometer nördlich der Landungsstelle. Der Hauptraumhafen des Planeten und die Reparatureinrichtungen für die Mechs befanden sich in Kaigun. Carlyle hatte die Streitmacht zweigeteilt, die Infanterie und die Kav.-Fahrzeuge nahmen den Weg durch die Mineralebene der Shionohara, während Kompanie A und das Trainingskader sich nach Westen in die Berge wandten, schmale gewundene Pfade in der Wildnis des verschwundenen Meeres erklimmend. Die Reihe der 18 Mechs hatte zwei Tage lang die gewundenen Pfade erklommen, weit westlich von Kaigun, bevor sie von den Bergpässen in die landwirtschaftlich genutzten Landstriche um die Stadt herum herabstiegen. Zwanzig Klicks nordwestlich von Kaigun gab es ein Industriegebiet in der Nähe eines Dorfes, das den Namen Mifune trug. Analysen einer Aufnahme, die im Orbit gemacht worden waren, ließen vermuten, dass wenigsten einige Gebäude für die Herstellung und Lagerung von Waffen und Ersatzteilen für Mechs genutzt wurden. Das 2.Dieron-Regiment war eine hartgesottene Einheit von Veteranen mit schwerverdienter Kampferfahrung in Gebirgsgegenden. Wenn sich das Ringen um Shionoha zu einem langen andauernden Unternehmen ausweiten sollte, musste der Stolz Shionohas seiner Nachschub- und Ersatzteilquellen beraubt werden.
Und das war Tracys Mission.
Ihre Streitmacht, mit dem Codenamen Arrow bezeichnet, bestand aus ihrem Phönix Hawk und den sechs anderen Mechs - zwei Locust, zwei Stingern und zwei Wasp - das Trainingskader der Legion.
Colonel Carlyle hatte erklärt, er wolle die Trainingsgruppe Erfahrungen in einem selbstständigen Einsatz sammeln lassen. Tracy vermutete, dass er sie von Kompanie A fernhalten und aus der Schusslinie wissen wollte. Bis jetzt, abgesehen vom Hinterhalt im Gebirgspass, war die Abwesenheit des 2.Dieron-Regiments verdächtigt gewesen, und Carlyle war offenkundig besorgt, dass die Kurita-Verteidiger noch einige gemeine Pläne für die Söldner der Gray Death Legion bereithielten.
Carlyles Befehle waren kurz und bündig gewesen. "Unser Nachrichtendienst sagt, Mifune sei nicht bewacht, da die Dierons alles im Süden zusammengezogen werden, um Kaigun zu schützen. Ich will, dass Sie den Fabrikkomplex zerstören. Halten Sie sich von Kurita-Mechs fern." Sein scharfer Blick hatte sie getroffen. "Lassen Sie die Kinder nicht in einen richtigen Kampf geraten. Aber zerstören Sie die Fabrik."
Tracy konnte nur vermuten, dass Carlyle sie für die Mission abkommandiert hatte, weil sie etwas zu versessen darauf war, Kurita-Mechs zu erledigen. Der Gedanke, dass er ihr möglicherweise nicht vertraute, nagte an Tracy, während sie ihre Kolonne von auszubildenden Mechpiloten durch die zerklüfteten Hügel in Richtung Mifune führte.
Bin ich wirklich Teil des Teams der Legion, fragte sie sich. Oder schafft er mich nur aus dem Weg?
Als ihre Kolonne eine Klippe erklomm, sahen sie die Industrieanlagen zum ersten Mal. Sie schmiegte sich in einem ebenen Tal an einen öligen, durch Chemikalien verschmutzten Strom. Das Dorf Mifune lag dahinter an der Straße nach Kaigun.
Der Weg schien frei.
"Vorwärts, ausschwärmen!" befahl Tracy. "Casey und Babbage, fallt zurück und deckt den hinteren Teil!"
Dadurch konnte sie das Ende der Kolonne im Auge behalten und hatte die beiden schwächsten Mechs, die beiden Locusts, aus dem Weg. Sie begaben sich den Gebirgskamm hinunter, nach möglichen Anzeichen, daß sie bereits erwartet wurden, Ausschau haltend.
Das Zeichen kam, allerdings aus einer unerwarteten Richtung.
"Arrow Leader! Arrow Leader! Banditen! Baniten auf dem Gebirgskamm!"
Die Stimme gehörte Greg Babbage, einem der Locust-Piloten.
"Hier Arrow Leader", erwiderte sie. Sie mußte ihre Stimme zur Ruhe zwingen, während sie ihren Hawk herumschwenkte, um den Kamm hinter sich einsehen zu können. Auf dieser Seite gab es kein Anzeichen von feindlichen Mechs. "Was ist Ihre Position, Arrow Sechs?"
"Kurita-Mechs, jede Menge von ihnen!" Der Junge stand am Rande der Panik.
"Beruhigen Sie sich, Greg. Wo? Wie viele?"
Sie konnte hören, wie der Junge seine Angst herunterschluckte. "Auf dieser Seite des Kamms...AH...an der Westseite.AH...weiß nicht, wie viele, aber wir haben einen Hunchback gesehen.. und einen Assassin.. und einige andere bewegen sich durch die Felsen nach oben. Sie bewegen sich den Pfad hinauf."
"Arrow Leader!" Es war Dolby, einer der Stinger-Piloten, und seine Stimme hörte sich genauso verängstigt an. "Hier ist Arrow Zwo! Kurita-Mechs kommen von Osten. Ich sehe Dragons...."
Oh, verflucht!
"Arrow Leader an alle Arrows! Auf dem Gebirgskamm zurückfalle lassen. Jetzt!" Tracys Entscheidung war augenblicklich und eindeutig gewesen. Die Kurita-Streitmacht hatte irgendwie unbemerkt den Gebirgspfad, den Tracy und ihre Männer genommen hatten, überquert und lagen nun in der Kommunikationslinie zum Rest der Gray Death Legion im Westen. Schlimmer noch einige schwere Mechs, 60-Tonnen-Dragons schlossen von Osten her auf. So viele Mechs konnte nur bedeuten, daß Tracys Streitmacht über eine wichtige Konzentration des 2.Dieron-Regiments gestolpert war.
Es hieß auch, daß Tracy und ihr kleines Kommando umzingelt waren. Vom Gebirgskamm aus konnte Tracy die Streitkräfte des Kombinats in beiden Richtungen sehen. Während sich die Minuten dahinzogen, wurde die Zusammensetzung beider Streitmächte offenbar. Es gab eine Lanze mit schweren Mechs, zwei Dragons, einen Riflemann und einem Orion im Osten und mindestens sechs, möglicherweise acht Mechs in dem Gewirr aus Felsen im Westen. So wie die Dinge aussahen, war eine Kurita-Kompanie hier stationiert gewesen. Das plötzliche Auftauchen der Arrows hatte die Verteidiger überrascht, aber sie mobilisieren sich jetzt, um die Eindringlinge zu umzingeln und zu zerstören. Die ersten Langstreckenraketen strebten bereits auf die felsige Kante des Kamms zu.
"Hey! Es sind zu viele von denen."
"Was machen wir?"
"Arrow Leader! Ich bin getroffen! Ich bin getroffen!"
"Ruhe auf der Funkverbindung!" Tracys Befehl schnitt durch das Geplapper auf dem Taktikkanal. "Schwärmt aus und bildet einen Kreis! Bezieht Position und legt euch in Deckung!"
Sie opferte Die Beweglichkeit der leichten Mechs dadurch, daß sie die Maschinen sich hinlegen ließ, aber Beweglichkeit war kaum ein Vorteil, wenn man nirgendwo hingehen konnte. Die beiden Wasps würden ihre KSR 2s, die im linken Bein angebracht waren, nicht abfeuern können, aber dieser Nachteil wurde durch die Tatsache, daß der Feind unfähig sein würde, einen gezielten Schuß abzugeben, mehr als kompensiert.
Laserfeuer stach den Hang hinab auf die Lanze der schweren Mechs, die über die Ebene von der Industrieanlage her näher kam. Die Mechs im Westen waren näher gelegen und zahlenmäßig mehr, aber schlechter zu sehen. Die schweren Maschinen gaben auf der anderen Seite perfekte Ziele ab. Das Licht mehrerer Treffer huschte über den Orion und einen der Dragons. Der Rifleman kam zum Stillstand und schwang seinen doppelläufigen Arm hoch und herum, den Gebirgskamm mit Hochleistungslaser- und Autokanonenfeuer eindeckend, aber vom Fuße des Hangars aus war der Winkel zu ungünstig. Gesteinssplitter und Geröll prasselten auf die Panzerung der Verteidiger, aber es wurde kein Schaden angerichtet. Tracy gab ein erneutes Kommando, und synchronisierte Schübe von gebündeltem Licht schlugen wieder zwischen die Angreifer, ließen den bereits beschädigten Dragon taumeln und rissen große Stücke aus der Panzerung des linken Beins und des Torsos des Orions.
"Arrow an Skull! Arrow an Skull! Melden Sie sich, Skull!" Obwohl das in ihrem Mech eingebaute Tek-Battlecom-Kommunikationssystem ein Hochleistungssystem mit einer großen Reichweite und schwerer Abschirmung gegen feindliche Störungen war, würden die Berge die Kommunikation mit der Gray Death erschweren. Sie drehte die Sendeleistung voll auf und betete, als sie noch einmal rief. "Arrow an Skull! Antworten Sie!"
"Hier ist Skull Leader!" In schnellen, kurzen Sätzen beschrieb sie die Situation, während sich feindliches Feuer, auf der Suche nach ihrer Stellung, durch den nachmittäglichen Himmel brannte. "Wir sind umzingelt; die anderen sind uns zahlenmäßig überlegen und schwerer", schloß sie. "Können Sie uns unterstützen?"
"Wir machen uns auf den Weg", erwiderte Carlyle. "Aber wir sind ziemlich weit entfernt. Es dauert wohl..." Die Pause war endlos. "Können Sie noch 20 Minuten aushalten?"
Zwanzig Minuten! Sie hatte nicht an die zwischen den beiden Einheiten liegende Distanz gedacht. In einem BattleMech-Gefecht schienen sich bereits zwei Minuten ewig hinzuziehen. Aber 20 Minuten...!
"Skull Leader ... wir werden es versuchen. Kommen Sie so schnell Sie können!"
Ein Ansturm durch die westliche Streitmacht forderte ihre Aufmerksamkeit. Sie hatte die beiden Locusts ein Stück den Abhang hinunter inmitten einer Ansammlung von hausgroßen Felsen postiert. Dort saßen sie zusammengekauert, ihre spinnenartigen Beine hinter sich gefaltet, die schwenkbaren Kinnlaser berührten beinahe den Boden. Ihnen zur Seite befanden sich die beiden Stinger.
Sie kam an, als eine Lanze von Kurita-Mechs den Abhang hinaufstürmte und sich auf beiden Seiten des steinigen Pfades aufteilten, den sie vorhin genommen hatten. Ein 50-Tonnen-Hunchback hatte die Führung übernommen, sein Körper wirkte unförmig unter der schwer gepanzerten und gekühlten Masse der Autokanone auf seinen Schultern. Die Locusts hatten bereits ihre mittelschweren Laser abgefeuert. Einige Flecken auf dem Panzer des Hunchback wurden zu einem leuchtenden Kirschrot aufgeheizt. Sie richtete ihren Laser auf dasselbe Ziel und feuerte drei schnelle Stöße ab. Die schwere Autokanone ruckte und qualmte unter einem gemäßigten tunk-tunk-tunk, Ströme von hochexplosiven Geschosse schlugen in den Hang hinter ihr ein.
Sie feuerte, lief, feuerte dann wieder. Der Hunchback war schwerer gepanzert als ihr Phönix Hawk, aber viel langsamer. Das Feuer der Verteidiger traf ihn aus mehreren Richtungen, alle aus höher gelegenen Positionen, und sein Pilot hatte Probleme, ein Ziel für seine Gegenwehr auszumachen. Einer der Arrow-Stinger erzielte einen vernichtenden Treffer bei einer Kurita-Wasp und lenkte das Feuer auf den Hunchback, als der leichte Kombinats-Mech zusammenbrach. Feuer von vier Mechs beziehend, drehte der Hunchback schwerfällig ab und begann, sich den Gebirgskamm nach unten zu schleppen, während der Assassin und ein Panther ihm Deckung gaben.
Tracy goß weiterhin Feuer über die sich zurückziehenden Mechs, obwohl sie den Verlust ihres Lasers im linken Arm zu beklagen hatte. Da die gestrigen Beschädigungen an ihrem Mech noch nicht repariert waren, standen ihr nur der mittelschwere Laser und das Maschinengewehr in ihrem rechten Arm sowie der schwere Laser in ihrer rechten Faust zur Verfügung. Sie feuerte einen letzten Stoß auf den fliehenden Mech, erzielte einen Treffer am Bein der schwereren Maschine und scannte dann das Gelände zu ihrer Linken und zur Rechten.
Ihr Taktikdisplay zeigte, daß die beiden Wasps, die sie zur Verteidigung der östlichen Seite des Kammes zurückgelassen hatte, die Stellung hielten. Die schweren Kurita-Maschinen hatten einige Beschädigungen eingesteckt und fielen zurück. Vielleicht war jetzt Zeit für ein Manöver seitens Tracys. Da sich die westliche Streitmacht auf einem ungeordneten Rückzug befand, konnte sie vielleicht am westlichen Hang vorbei nach Norden oder Süden schlüpfen, die westliche Truppen umrunden und sie davon überzeugen, daß die auf dem Kamm gefangenen Angreifer gerade Verstärkung erhalten hatten. Die Verwirrung könnte es ihr ermöglichen, ihr gesamtes Kommando abziehen zu lassen. Aber sie mußte selbst gehen. Stinger, Wasps und Locusts würden für den Job, den sie sich vorstellte, nicht taugen. Ihr Phönix Hawk mit den Sprungdüsen und dem schweren Laser war perfekt dafür.
"Arrow Leader an Arrow Zwo!" rief sie. "Dolby, melden sie sich!"
"Ich höre, Arrow Leader." Er hörte sich nicht mehr verängstigt an, aber seine Stimme klang immer noch trocken und gedämpft.
"Sie übernehmen das Kommando. Ich werde versuchen, sie von der Falnke her anzugreifen."
"Was ... jetzt?"
"Wir haben sie in die Flucht geschlagen, Dolby. Halten Sie sie nur hin. Aber seien Sie bereit, die anderen auf meinem Befehl hier rauszubringen!"
"AH ... O.K. ..." Er klang unsicher.
Explosionen wüteten die Kante des Gebirgskammes entlang und rissen Dreck und Gesteinsstücke gen Himmel. Tracy warf einen Blick auf ihren Taktikbildschirm und sah eine Reihe roter Signale entlang der Kante im Süden. Mit Schrecken erkannte sie, daß die Kuritakräfte ihre Position flankiert hatten, indem sie eine der beiden Westhang-Lanzen, die sich dann an der Gebirgskante aufgeteilt hatte, nach Süden und um sie herum geschickt hatten. Sie näherten sie jetzt langsam und mit der Zielstrebigkeit einer Dampfwalze, die Landschaft mit Geschossen und Strahlen aufwühlend in ihrem Versuch, die Angreifer auf dem gebirgskamm aus ihren Stellungen zu vertreiben.
Aber das konnte gut sein! Es hieß, daß auf dem Pfad nach Westen nur noch vier Mechs waren, und diese wiesen dazu noch Gefechtsschäden auf und waren in Unordnung geraten. Wenn sie flankieren konnte, würden sie sich aufteilen und sich südlich durch das Gesteinsfeld bewegen, um zu ihren Kameraden zu gelangen. Der Weg für die Arrows würde frei sein.
"Durchhalten, Dolby!" rief sie. "Haltet sie noch fünf Minuten aus, dann werde ich ein Loch für uns haben, durch das wir durchkönnen! Achtung, an alle Arrows! Arrow Zwei hat das Kommando! Haltet euch dicht beieinander und schießt weiter! Ich werde uns eine Tür öffnen, die uns vom Kann wegbringen wird."
Sie zündete ihre Sprungdüsen und hielt ihren Mech in einer Serie von federnden Sprüngen, die sie den Hang heruntertrugen, dicht am Boden. Hinter ihr verschwand die Spitze des Gebirgskammes in schwarzen Rauch und einem Hagel von in die Luft geschleuderten Trümmern.
>"Arrow Zwo! Hier Sieben! Ich bin schwer getroffen!"
"Arrow Zwo! Arrow vier! Die schweren Maschinen bewegen sich! Wir sind unter Beschuß von Osten!"
"Arrow Zwo! Bitte antworten!"
Tracy brachte die Dutiful Daughter am Rande des Kammes zum Stillstand. Sie konnte die Panik in den Stimmen der Kaderanwärter aufsteigen hören. Weiter vorne konnte sie eine Rauchsäule aufsteigen sehen, wo einer der Mechs, den sie einige Momente zuvor angegriffen hatten, jetzt ausbrannte.
Und nun....
"Arrow Zwo! Arrow Zwo! Bitte melden Sie sich!" Diese Stimme war erfüllt von nackter Angst. Wer war es das ... Lanetti?
"Lanetti! Hier Arrow Leader! Was ist das Problem?"
"Arrow Leader! Dolbys Mech hat es erwischt! Ich glaube, er ist tot!"
Oh, verdammt ...
Auf dem Schmerz folgte die Erkenntnis. Ich bin drauflosgerannt und habe es wieder getan, ich bin alleine der ganzen Kurita-Sturmtruppe hinterhergelaufen.
Sie wirbelte die Dutiful Daughter am Fuße des Bergkamms herum und löste die Sprungdüsen aus. Mit einem langen, segelnden Satz, flog sie auf den Rand des Kammes.
Rauch erfüllte den Himmel, wo Raketenbahnen sich mit dem blassen Glanz von laserstrahlen trafen und verwoben. Sie entdeckte Dolbys Stinger, der zusammengebrochen an einem Felsen auf dem westlichen Hang lag. Ganz in der Nähe versuchte der andere Stinger, einen Panther in einem ungleichen, das nicht länger als ein paar Sekunden andauern konnte, abzuwehren.
Sie sprang noch einmal und bescherte ihrem Mech eine unsichere Landung ein Stück bergauf vom Panther. Ihr Laser flammte auf und löste halb-geschmolzene Stücke des Panzers vom linken Oberarm und den Torsoplatten des Kombinats-Mechs. Der verbliebene Stinger wählte diesen Moment für einen Rammangriff, und Tracy sah die Kennummern, die ihn als Lannettis Mech identifizierten. Er erwischte den schwereren Panther, als sich dieser dem neuen Angreifer zuwandte, kollidierte mit ihm in einem gewaltigen Krachen, das den Panther rückwärts wanken ließ, während seine Füße nach Halt im losen Geröll des Boden suchten.
Tracys zweiter Schuß drang durch Kabelverbindungen und interne Strukturen, die durch den vorhergehenden Schuß freigelegt worden waren. Flammen schossen hervor, orangefarben auf öligem Schwarz. Der Kopf des Mech flog auseinander, und sein Pilot löste den Schleudersitz aus und ließ brennendes, totes Metall auf dem Hügelkamm unter sich zurück.
Die schweren Maschinen befanden sich an der Basis des Gebirgskammes im Osten und setzten sich in Bewegung. Befehle rufend, zwang sie die unsichere Linie der Anfängerpiloten herum, um der neuen Bedrohung entgegenzutreten.
"Wir müssen hier raus!" hörte sie jemanden jammern.
Tracy wollte gerade etwas erwidern, da hörte sie Carolyn Lannettis Stimme dazwischenfahren, bevor sie entscheien konnte, was sie sagen sollte. "Schluck,s runter und kämpfe, Foster! Wir haben Tracy wieder bei uns, und Hilfe ist bereits auf dem Weg! Stimmt doch, oder, Tracy?"
"Stimmt genau. Arrow Fünf! Bewegen Sie sich nach links ... hinter den großen Felsen. Zielen Sie auf den Orion! Carolyn ... helfen Sie mir bei dem Dragon zu unseren Rechten ..."
Und wieder stießen weiße Flammen die Seite des Kammes hinunter und trafen die schweren Kurita-Mechs, als sie begann, sich den Hang hinaufzuschleppen. Der Dragon verlor seinen rechten Arm und die daran befestigte Autokanone. Der Orion humpelte, schwarze Schmelzschäden waren an seiner rechten Hüfte und am Knie zu sehen. Nicht in der Lage, ein freies Schußfeld zu bekommen, zogen sie sich wieder in Richtung auf die Fabrikgebäude in der Ebene zurück.
Dann gaben die beiden Locusts Warnungen vor einem erneuten Ansturm im Westen aus.
Die Schlacht setzte sich so fort, mit langen Minuten, die sich zur Ewigkeit einer Stunde streckten. Die von Carlyle versprochenen 20 Minuten waren längst vorbei, nachdem die Gray Death in eine starke Ansammlung von Mechs des Dieron-Regiments im Westen geriet. Wie lange es dauern würde, durch dieses neue Hindernis zu brechen, konnte man nur raten, aber die Arrows würden nicht mehr lange durchhalten zu können. Alle Mechs trieben ihre Temperaturanzeigen in den roten Bereich, der vom anhaltenden Abfeuern der Waffen erzeugte Wärmestau drohte ihre Maschinen abzuschalten. Den Wasps waren schon vor einiger Zeit die Raketen zum Nachladen ausgegangen, und feindliches Geschützfeuer hatte Greg Babges Locust zur Nutzlosigkeit verdammt. Der Pilotenanwärter hatte unbeschadet aus seinem Mech entkommen können und es in einer ruhigen Minuten geschafft, en bewußtlosen und stark blutenden Vic Dolby aus seinem zusammengeschossenen Stinger zu ziehen und ihn in den Schutz eines überhängenden Felsen zu schleppen. Die übriggebliebenen fünf Mechs streckten sich in einem engen Kreis aus, mit dem Bauch auf der Höhe des Kammes, und fuhren fort, auf alles zu schießen, was sich unter ihnen bewegt.
Tracy gab einen Schuß aus ihrem schweren Laser auf den beschädigten Hunchback ab, der sich den Hang unter ihr heraufarbeitete, und sah Funken aus den offengelegten Leitungen des Torsos der Maschine fliegen. Großkalibrige Autokanonengeschosse schlugen um sie herum in den Felsen ein.
Für einen Augenblick nahm sie Schreie auf dem taktischen Kanal wahr. Als sie die Position ihres Mechs leicht veränderte, kam Fosters Wasp in ihr Gesichtsfeld, die für eine Handvoll schrecklicher Sekunden wie eine gigantische Fackel in Flammen stand. Dann explodierte die Wasp in brennende, zerfetzte Metallstücke.
Tracy schmeckte eine bittere Niederlage. Sie schnappte keuchend nach Luft in der erstickenden Hitze,die ihr Cockpit durchdrang; eine Wärme, die schon lange ihre Kühleinheit überlastet hatte und sie selbst schwach und schwindelig zurückließ. Hitzekrämpfe zuckten durch ihre Waden- und Bauchmuskulatur. Die Dutiful Daughter hatte massive Schäden eingesteckt, ihre Sprungdüsen waren ruiniert, ihre Schultern und der obere Torsobereich waren von Geschossen und Strahlen aufgerissen und zerfetzt worden. Nach Fosters Tod war ihr Team auf vier Mechs geschrumpft, einen Locust, einen Stinger, eine Wasp und ihren eigenen Phönix Hawk. Nicht einer von ihnen war ohne schwere Schäden davongekommen.
Ich hätte weiterlaufen sollen, als ich aus er Schußlinie war, dachte sich. Da hätte ich die Kurita-Linie noch durchbrechen können. Die Chance hab ich verloren, als ich zu den anderen zurückkehrte.
Aber wie lange hätten die Mechkriegeranwärter denn ohne Tracys Erfahrung, die sie stärkte, ausgehalten? Es gab keine Antworten auf diese Was-wäre-wenn-Überlegungen, und jetzt war es zu spät für diese Handvoll von ihnen, einen Versuch zu unternehmen, durch die Reihen der Kuritas zu brechen. Eine erneute Raketensalve schlug zwischen die Felsen, und sie konnte einen Blick auf einen Kurita-Catapult im Westen des Tales erhaschen.
Ein Catapult! Sie haben Verstärkung bekommen! Solange Tracy und ihre Leute nur einer Kompanie gegenüberstanden, hatten sie eine Chance gehabt. Aber zu versuchen, einen 65-Tonnen-Catapult zu erledigen, war eine ganz andere Geschichte. Sie sah, wie ihr Laserstrahl den Catapult am gewaltigen rechten Bein erwischte, sah Metall brennen, ohne daß es den Vormarsch der Maschine auch nur ein wenig verlangsamt hätte.
Ein Trebuchet folgte. Oh, mein Gott, nein!
Es sah aber so aus, als wäre der Treb in Schwierigkeiten. Seiner linker Arm fehlte, und schwarzer Rauch quoll aus seiner Seite. Tracy bemerkte weitere Mechs, alle mit dem Sternenschweif-vor-der-Sonne des Dieron-Regiments markiert, alle beschädigt ... alle auf dem Rückzug.
Auf sie zu!
"Hey, Arrows!" stieß sie hervor. "Aufgepaßt! Frischfleisch!"
Immer mehr und mehr Kurita-Mechs tauchten zwischen den Felsen unter ihnen auf. Es waren mindestens zwei Kompanien, die meisten der Mechs mit Gefechtsschäden. Im Moment stürmten alle in beinahe unkontrollierbarer Verwirrung nach Osten.
Und die Arrow-Abteilung hielt den Gebirgskamm direkt in ihrem Weg besetzt.
"Arrow Leader! Arrow Leader! Hier Skull Leader!" Die bekannte Stimme war jetzt deutlicher zu verstehen und sehr, sehr willkommen.
"Colonel! Wo sind Sie?"
"Zwei Klicks westlich von Ihrer Position, und ich schließe weiter auf! Wir haben Sie auf dem Kamm westlich der Fabrik ausgemacht. Bleiben Sie ruhig, und nicht bewegen! Setzen Sie den Beschuß von Ihrer Position aus einfach fort!"
"Verstanden, Colonel! Wir brennen sie nieder!"
Oberflächlich bertachtet, befand sich die Arrow-Abteilung in einer schrecklich offenliegenden Position, genau auf dem Weg, den die fliehenden Überreste der Kurita-Streitmacht nahmen. Ihnen war in einer Reihe von Blitzangriffen zwischen den Bergen im Westen schwer mitgespielt worden, und nun dachten die Piloten nur noch daran, ihre Mechs zu retten ... und sich selbst. Als die führenden Mechs der Kurita–Staffel von der Kante des Hügelkammes, die sie von dem Mifune-Fabrikkomplex trennte, unter Beschuß genommen wurden, erloschen ihre letzten Reserven von Disziplin. In genau demselben Moment kamen vier von Carlyles Mechs, die die südliche Flanke der fliehenden Mechs umgangen hatten, um sie von der Seite anzugreifen, von Süden herangestürmt. Unter Beschuß von drei Seiten verpufften die letzten Reste von Disziplin beim Dieron-Regiment und einzelne Mechs begannen, sich in dem felsigen Gelände entlang der Hügelkette im Norden in Sicherheit zu bringen.
Als Carlyles Truppe zu den anderen auf dem Gebirgskamm stieß, waren nur noch zwei Mechs dazu in der Lage, sie begrüßen zu können. Durch eine Verletzung, die er sich früh im Kampf zugezogen hatte, war Paul Casey im Cockpit seines Locusts verblutet. Tracy Kent war bewußtlos, ein Opfer der Entkräftung durch die Hitze.

Der Sieg am Mifune-Paß versprach, ein weiterer spektakulärer Sieg in den Annalen der Gray Death Legion zu werden. Carlyle war es gelungen, seine Streitkräfte so einzuteilen, daß seine zahlenmäßig überlegenen Gegner zwischen den Gebirgskämmen und Hügelketten im Westen des Fabrikkomplexes in drei Gruppen zersprengt wurden, und die Aufstellung einer kleinen, aus Mechanwärtern bestehenden Kampftruppe in einer befestigen Position war nichts anderes als geradezu brillant gewesen. Wenn die Historiker der Regiments dabei vergaßen, darauf hinzuweisen, daß die Aufteilung zufällig erfolgt war, daß Carlyles plötzliche Wende und der Marsch nach Osten nur als Rettungsaktion für die Arrow-Abteilung auf dem Kamm des Berges, wo sie den Amboß für Carlyles Hammer spielten, ganz einfach reines Glück war, so konnte man es ihnen vielleicht verzeihen. Grayson Carlyle hatte nichts dagegen, unter den Kommandeuren von Mechstreitkräften als Glückspilz zu gelten, aber er haßte es, wenn es so aussah als ob er seine Siege ausschließlich durch Glück davontrug.
Tracy erlangte das Bewußtsein in einem Feldhospital in Kaigun wieder. Die Stadt hatte sich nach dem Desaster am Mifune-Paß ergeben, aber Carlyle hatte noch nicht genügend Leute vor Ort, um die Stadt vor Saboteuren und Attentätern zu sichern. Ein formale Besetzung der Stadt mußte warten, bis Landungsschiffe des Hauses Steiner ankommen würden und lyranische Truppen und Verstärkung absetzten. Auf jeden Fall blieb der Großteil des Dieron-Regiments irgendwo nördlich der Stadt in intaktem Zustand. In der Zwischenzeit unterhielt die Gray Death eine defensive Haltung, die es ihr erlauben würde, zu manövrieren oder sich zurückziehen, wenn es nötig werden sollte.
"Wie fühlen Sie sich?"
Tracy öffnete ihre Augen und sah Grayson Carlyle, der neben ihrem Feldbett Platz genommen hatte. "Als wäre ein Mech auf mich draufgetreten."
"Das war zu erwarten. Der Doc sagte mir, Sie würden in kürzester Zeit wieder wohlauf sein."
"Und meine Leute?"
"Foster und Casey sind tot. Dem Rest geht es gut. Vic Dolby war mit dem Kopf gegen die Kontrollen geschlagen, als sein Mech umgestoßen wurde, aber er ist bereits wieder im Dienst. Wir haben sogar seine Stinger intakt bergen können."
"Das ist gut." Sie wollte noch etwas sagen, verkniff es sich dann aber doch.
"Was gibt es?"
"Ich... ich..." Sie versuchte , ihre herumwirbelnden Gedanken zu ordnen. "Ich nehme an, ich hab mich nicht so toll angestellt, oder?"
"Was meinen Sie damit?"
"Zuerst mußten Sie mich wegen der nicht befolgten Befehle zur Brust nehmen... und dann bin ich losgezogen und habe alles versaut. Wir sind nie auch nur in die Nähe des Fabrikkomplexes gekommen. Und Sie hatten mir gesagt, ich solle die Kinder aus jedem Kampf raushalten. Das habe ich nicht getan ... und nun sind zwei von ihnen tot."
Carlyle lehnte sich für einen Moment nachdenklich zurück. "Ich denke, Sie hatten keine große Wahl, Tracy. Laut den Leuten, die bei Ihnen waren, waren Sie bereits abgeschnitten und umzingelt, bevor Sie überhaupt wußten, daß Kurita-Mechs in der Gegend waren." Er verzog das Gesicht. "Schlechte Aufklärung. Aber dem konnte nicht abgeholfen werden."
"Aber..."
"Sie haben zwei der Kids verloren. Auch hier, keine andere Wahl. Sie haben vier gerettet - und sich selbst. So wie Carolyn Lannetti redet, waren Sie die Heldin der Stunde; Sie haben die Reihen geschlossen gehalten, die Kinder aufgebaut, wenn sie es brauchten, sie umgruppiert, wenn neue Bedrohungen auftauchten. Es hörte sich an, als wäre es ein ganz schön harter Kampf gewesen."
"Das war es."
"Dadurch, daß Sie dort ausharrten, als ich es Ihnen sagte, haben Sie den Haufen, den ich verfolgte, höllisch erschreckt – gerade als die einen Schrecken brauchten. Wir waren zehn Klicks entfernt von Ihrem Gebirgskamm auf sie gestoßen, und es hat uns eine Stunde gekostet, uns durchzusetzen. Zur der Zeit, als wir durchbrachen, waren sie dabei, sich in Richtung Mifune zurückziehen, waren aber immer noch in gefechtsfähigem Zustand. Von einem Gefangenem, den wir genommen haben, habe ich erfahren, daß sie geglaubt haben, sie wären vollständig umzingelt, als sie beim Rückzug auf Ihren Haufen hoch oben auf dem Gebirgskamm stießen. Das muß eine herbe Überraschung für sie gewesen sein. Sie gerieten unter Beschuß von Ihrer Truppe, stoben auseinander, und wir haben dann aufgewischt."
"Dann... haben wir gewonnen?"
"Oh, sicher haben wir das." Tracy war überrascht von dem Lächeln auf dem Gesicht des Colonels und verwundert über die Betonung des Wortes "wir".
Dann begriff sie, worauf er angespielt hatte: darauf, daß der Sieg durch sie die das Trainingskader zusammen- und an seinem Platz gehalten hatte, errungen worden war. Hätte sie die Rekruten alleine gelassen und ihren eigenen Plan verfolgt, wäre alles verloren gewesen. Statt dessen hatte sie ihr Team zusammengehalten, sich mit ihren Leuten verschanzt und es zusammen mit ihnen ausgetragen.
Zusammen. Ein siegreiches Team. Sie lächelte zurück. "Ja, Sir. Ich glaube, das haben wir."




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